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Rubrik: Munitionsproduktion Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Das Marine-Sperrwaffenarsenal Oxstedt
 Bis 1945: 
In der Marinegarnison Cuxhaven haben Minenverbände eine lange Tradition. Dafür wurde bereits 1890 ein Minendepot im Hafen der Stadt angelegt. Aufgrund beengter Verhältnisse zog das Depot im Jahre 1908 in eine neue Anlage nach Cuxhaven-Groden. Doch dessen Kapazität reichte in den 1930er Jahre aufgrund der intensiven Aufrüstung der Kriegsmarine nicht mehr aus. Auf der Suche nach einem weiteren Standort mit genügend Grundfläche wurde das Gebiet der Oxter Heide zwischen den Dörfern Oxstedt und Gudendorf, gut 7 km südwestlich von Groden, auserwählt.

Das Sperrwaffenarsenal Oxstedt war eines von dreien, die das gleiche Schicksal teilten. Die beiden anderen Arsenale waren Debstedt und Schweinebrück. Bei ihnen wurde zwar mit dem Aufbau als eigenständiger Fertigungsbetrieb für Minen begonnen. Zur Vollendung kam es bis zum Ende des II. Weltkrieges jedoch nicht mehr. Aufgrund des reduzierten Bedarfes an Fertigungsanlagen wurde bei ihnen der Aufbau in den Kriegsjahren stark gebremst fortgeführt.

Im Jahre 1935 begannen die Planungen für das Sperrzeugamt Oxstedt. Das Gelände lag östlich der namensgebenden Ortschaft, südlich des Marineartillerie-Schießplatzes Altenwalde. Seinerzeit bildete die Straße von Oxstedt nach Franzenburg die nördlich Grenze des Areals. Unmittelbar am Ostrand verläuft die Eisenbahnstrecke Bremerhaven - Cuxhaven. Die damals unbedingt erforderliche Anbindung an das Schienennetz war somit gegeben.
Am Ostrand der Liegenschaft wurde der administrative Bereich eingerichtet. Dort richtete man zur Unterbringung von Bauarbeitern und Bediensteten auch ein Arbeitslager ein, genannt Heidelager. Darin sollen während des Krieges bis zu 2.000 Menschen einquartiert gewesen sein, darunter viele Fremd- und Zwangsarbeiter.
Auf dem westlich und südlich anschließenden Gelände baute man zahlreiche erdüberdeckte Munitionslagerhäuser. Das umfangreiche Gleisnetz einer Schmalspurbahn erreichte alle Munitionsbunker. Um die großen und schweren Minen sicher transportieren zu können, bot sich die Anlieferung auf der Schiene bis vor das Tor der Lagerhäuser an. So waren deutlich mehr Schienenstrecken als Straßen im Sperrwaffenarsenal zu finden, eine Bauweise die in solchen Depots üblich war.
Unmittelbar neben dem Depot führte die Reichsbahnstrecke vorbei. Daran wurde eine Verladerampe errichtet, auf der von den Depot-Loren auf die vollspurigen Güterwagen umgeladen werden konnte.
Mit dem Aufbau des Sperrzeugamtes erfolgte in den Jahren 1935 - 1940 auch die Aufforstung mit Schwarzkiefern, der vorher nur mit Heide bewachsenen Fläche. Damit sollte eine bessere Tarnung der Anlage erreicht werden.

Im Laufe des II. Weltkrieges stellte sich heraus, daß der Ausbau zum Fertigungsbetrieb nicht mehr erforderlich ist, da die vorhandenen Kapazitäten dies bereits abdeckten. Die zahlreichen Munitionsbunker sollten nun zur Einlagerung von Minen genutzt werden. Dafür ist die Anlage in Oxstedt dem Sperrwaffenarsenal Cuxhaven-Groden als Außenlager unterstellt worden. Im Juli 1943 hatte man die Bezeichnung dieser Anlagen von Sperrzeugamt in Sperrwaffenarsenal geändert.

Von Zerstörungen der Anlage durch Luftangriffe ist nicht berichtet worden. So konnte das Marinesperrwaffenarsenal am Ende des Krieges weitgehend intakt an die Alliierten übergeben werden.

 Ab 1945: 
Nach Ende der Kampfhandlungen besetzten Britische Truppen das Gebiet um Cuxhaven. Es folgte die Entmilitarisierung des Sperrwaffenarsenals Oxstedt. Als Abschluß sind 1948 sämtliche Munitionslagerhäuser gesprengt worden.
Auf dem südlichen Drittel des Arsenals begann eine landwirtschaftliche Nutzung des Geländes. Das vormalige Arbeitslager wurde zur Notunterkunft für Heimatvertriebene umgewandelt. Dort konnten sich auch kleine Gewerbebetriebe einrichten. Dieser Bereich wurde als Siedlung Kiefernhorst bezeichnet.

Nach Aufstellung der Bundeswehr begannen in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre Planungen für eine neue militärische Nutzung des ehemaligen Sperrwaffenarsenals. Wieder sollte die Marine Hausherr in der Anlage werden. Das Marinemunitionsdepot Oxstedt konnte entstehen.
Die Grundfläche des neuen Depots wich deutlich von der des alten Arsenals ab. Das südliche, landwirtschaftlich genutzte Gelände wurde nicht einbezogen, es konnte zivil bleiben. Stattdessen dehnte sich das Depot Richtung Norden aus. Dabei wurde auch die Verbindungsstraße Oxstedt - Franzenburg einbezogen. Als Ersatz für sie hat man unmittelbar an der neuen Südgrenze des Depots die Kreisstraße 13 neu angelegt.
Auf dem neuen Nordteil der Liegenschaft wurden diverse moderne erdüberdeckte Munitionslagerhäuser errichtet. Südlich der ehemaligen Durchgangsstraße entstanden mehrere Arbeitshäuser. Eine Schmalspurbahn ist in Oxstedt von der Bundesmarine nicht mehr aufgebaut worden. Dafür wurde im südlichen Teil ein vollspuriges Anschlußgleis ins Depot hineingelegt. Am Ostrand hat man, wie schon zu Zeiten des Sperrwaffenarsenals, den administrativen Bereich angesiedelt. Zuvor mußte für die noch in Kiefernhorst lebenden Menschen neue Wohnungen gefunden werden.

Am 8. Januar 1963 erfolgte die offizielle Indienststellung des Marinemunitionsdepot Oxstedt. Zum 1. April 1964 wurde es einsatzbereit erklärt. Im Laufe der nun folgenden Jahre ergaben sich verschiedene Ausbauten und Änderungen.
Am Nordrand wurde die Standortmunitionsniederlage 253/1 Altenwalde aufgebaut. Damit ist auch das Heer Nutzer der Liegenschaft geworden. In der StOMunNdlg hat man den Erstvorrat an Munition für die in der benachbarten Hinrich-Wilhelm-Kopf-Kaserne stationierten Kampftruppen der Panzergrenadierbrigade 7 gelagert. Dabei handelte es sich um das PzGrenBtl 71 (Bezeichnung ab 1981 PzGrenBtl 73) und das PzBtl 74, welche ab 1963 in Altenwalde lagen. 1979 kam noch die PzjgKp 70 dazu.
Am 1. April 1968 hat die Marine ein Nummernsystem für ihre Verbände eingeführt. Die Oxstedter Dienststelle erhielt nun den Namen Marinemunitionsdepot 6. Zusammen mit dem MMunDp 2 in Tannenhausen und dem MMunDp 4 in Schweinebrück war sie für die Deckung des Munitionsbedarfes der See-, Luft- und Landeinheiten der Bundesmarine im Nordseeraum zuständig.
1977 konnte ein neuer Verwaltungsbereich im Ostteil der Liegenschaft in Betrieb genommen werden. Die alten Baracken aus Zeiten des Sperrwaffenarsenals waren damit Geschichte. In den 1980er Jahren ist unmittelbar nördlich des MMunDp 6 eine neue Standortschießanlage gebaut worden. Mit ihrer Fertigstellung wurde die alte Anlage bei Sahlenburg überflüssig.

Die nach Ende des Kalten Krieges einsetzenden Schließungswellen für Bundeswehrstandorte gingen am MMunDp 6 zunächst vorbei. Reduzierungen und Umorganisationen wirkten sich aber auch in Oxstedt aus. Schließlich wurde 2003 im Rahmen der Neuordnung logistischer Einrichtung doch das Ende für das Depot beschlossen. Ab 31. Dezember 2005 ist das Depot offiziell aufgelöst worden.
Es gibt Interessenten für das Gelände, die eine zivile Weiternutzung der rund 230 ha messenden Liegenschaft anstreben. Bislang kam es jedoch noch nicht zum Verkauf.

 Zustand: 
Der landwirtschaftlich genutzte Südteil des ehemaligen Sperrwaffenarsenals zeigt noch heute mehrere Erdhügel mit Betontrümmern von Munitionsbunkern, die nach den Sprengungen von 1948 übriggeblieben sind. Innerhalb des Marinemunitionsdepots dürften durch den Neuaufbau der Anlage die meisten alten Spuren verschwunden sein. Neben der Eisenbahnstrecke ist noch die historische Verladerampe für den Umschlag von Schmalspur auf Vollspur zu finden.
Im Nordteil sind von auch Außerhalb die gut erhaltenen Munitionsbunker des MMunDp 6 und der StOMunNdlg 253/1 zu sehen.

 Zugang: 
Das ehemalige Marine-Munitionsdepot 6 darf nicht betreten werden. Der nicht zum heutigen Depot gehörende Südbereich des früheren Sperrwaffenarsenals ist dagegen zugänglich.
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Hügel
Im zugänglichen Südteil sieht man aus der Distanz mehrere Hügel

Betontrümmer
Aus der Nähe wird erkennbar, daß die Hügel mit diversen Betontrümmern bestückt sind.

Betontrümmer
Weitere Betontrümmer

Trümmer
Die zahlreichen Trümmer unterschiedlicher Größe sind nach den Sprengungen von 1948 am Ort liegengeblieben

Andere Perspektive
Eine andere Perspektive

Zugänge
Hier sind die Portale der ehemals zwei Zugänge eines Munitionsbunkers sichtbar

Verladerampe
Die Verladerampe am Ostrand diente dem Umladen von Schmalspur auf Vollspur

Rampe
Hier wird die Konstruktion der Rampe erkennbar

Haupteinfahrt
Die Haupteinfahrt zum Marinemunitionsdepot 6 Oxstedt

Nebentor
Nebentor an der Westseite, nahe Oxstedt. Die Trasse durchs Depot entspricht dem Verlauf der alten Verbindungsstraße von Oxstedt nach Franzenburg.

Munitionslagerhaus
Ein modernes erdüberdecktes Munitionslagerhaus des MMunDp 6

Munitionslagerhaus
Ein weiteres Munitionslagerhaus

StOMunNdlg
Ein Munitionslagerhaus in der StOMunNdlg 253/1 Altenwalde

StOMunNdlg
Munitionsbunker aufgereiht an einer Straße in der StOMunNdlg

Munitionsbunker
Weiterer Blick auf einen der kleineren Munitionsbunker in der StOMunNdlg

Rot: die Grenze des früheren Sperrwaffenarsenals, blau die davon abweichende Grenze des heutigen Marinemunitionsdepots.
Orange: die Grenze des ehemaligen Truppenübungsplatzes.

Karte
Maßstab

Die drei Luftbilder wurden freundlicherweise von Jan Czonstke/sfg-nordholz.de zur Verfügung gestellt
Luftbild
Die Bauten am Haupttor des Marinemunitionsdepots

Luftbild
Mehrere Lagerhäuser im dicht bewaldeten Gelände

Luftbild
Die von der Bundeswehr errichtete Verladerampe innerhalb des Depots

Quellenangabe:
- Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen
- Bundeswehr Cuxhaven: Standort Cuxhaven/Nordholz
- Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945 - Band 2: Niedersachsen I
- G. Wildfang
- G. Göttsche
- J. Czonstke
 
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