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Rubrik: Flugplätze Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Der Einsatzhafen Plantlünne
 Bis 1945: 
Die Gegend um Plantlünne bekam bereits im Jahre 1930 Bedeutung für die Luftfahrt. Seinerzeit wurde die Nachtflugstrecke Hannover - Amsterdam eingerichtet. In dieser Frühzeit des Nachtfluges orientierten sich die Piloten an Leuchtfeuern. Eines dieser Drehfeuer wurde am Südrand von Altenlünne eingerichtet.
Auf einem 20 m hohen Turm befand sich ein starker Scheinwerfer, der sich in 3 Sekunden um 360° drehte. Seine Erkennungsreichweite betrug beachtliche 65 km. Zusätzlich wurden im Abstand von 200 m drei Zusatzfeuer aufgestellt, das südliche leuchtete rot. Ihre Erkennungsreichweite betrug 20 km. Mit diesen Zusatzfeuern wurde eine Besonderheit der Anlage markiert, hier zweigte eine weitere Nachtflugstrecke nach Köln ab. Die Linie Hannover - Köln führte diesen weiten Umweg Richtung Westen, um die Höhenzüge des Weserberglandes und Wiehengebirges zu umgehen.
Als weiteres Ausstattungsmerkmal dieser Nachtflugstrecken mußte in der Nähe der Drehfeuer ein Notlandeplatz eingerichtet werden. Dieser befand sich auf einem Teil des späteren Flugfeldes des Einsatzhafens Plantlünne. Die benachbarten Notlandeplätze waren im Osten Vörden, im Westen Klausheide und im Südwesten Metelen.

Einige organisatorische Änderungen folgten für den Notlandeplatz. 1932 übernahm ihn die Zentralstelle für Flugsicherung, im April 1935 wurde er dem Luftkreiskommando IV Münster unterstellt. Damit bahnte sich eine neue Verwendung an. In der nächsten Zeit kam es zu gelegentlichen Flugbewegungen auf dem Platz durch die Luftwaffe. Im Herbst 1936 wurde ein Manöver durch fliegende Verbände mit Einbeziehung von Plantlünne durchgeführt.
1937 ist schließlich mit dem Ausbau des Platzes zum Einsatzhafen der Luftwaffe begonnen worden. Die Fläche wurde durch Rodungen auf 160 ha ausgeweitet. Am Nordwestrand entstand ein Barackenlager für die Kommandantur und fliegenden Verbände, es erhielt die Bezeichnung Nordlager. Östlich davon folgte das Lager Venneberg. Dazu kam als drittes im Osten das sogenannte Südlager. Die Infrastruktur des Geländes wurde ausgebaut. Wasser- und Stromversorgung sind eingerichtet worden. Ein Gleisanschluß stand nicht zur Verfügung, die seinerzeit sehr wichtige Anbindung an das Eisenbahnnetz ist durch den Straßentransport von Waggons mit Culemeyer-Straßenrollern vom Bahnhof Spelle gesichert worden. Bis zum Beginn des II. Weltkrieges konnten Nordlager und Lager Venneberg fertiggestellt werden. 8 Tage vor Kriegsbeginn kamen die ersten Soldaten nach Plantlünne.
Am 9. Oktober 1939 verlegte die I. Gruppe des Jagdgeschwader 21 mit Messerschmitt Me 109-Jägern vom Polenfeldzug kommend auf den Einsatzhafen Plantlünne. Später kamen die I./JG 27 sowie Aufklärer mit Dornier Do 17 dazu. Im Rahmen des Westfeldzuges wurden ab 10. Mai 1940 Angriffe mit Bombern Heinkel He 111 gegen die Niederlande, Belgien und Frankreich von Plantlünne geflogen.
Nachdem der Feldzug am 25.06.40 beendet wurde, brach hier eine relativ ruhige Zeit an. Die Einrichtungen wurden nun schrittweise ausgebaut. Das Personal hatte genug Muße, im Nordlager eine Art Naturpark einzurichten. Dazu gehörte ein Tierpark mit Affenhaus und weiteren Gehegen. Im Umfeld des Platzes wurden mehrere Flakstellungen eingerichtet. Für die leichte Flak sind fünf Türme gebaut worden, auf deren Dach 2cm-Geschütze standen. Gut zwei Kilometer östlich entstand ein Munitionslager mit rund 20 ha Fläche. Durch das Waldgebiet Venneberg wurden breite Schneisen geschlagen und mit asphaltierten Straßen erschlossen. An ihnen richtete man Abstellplätze für die Flugzeuge ein, auch eine Werft ist hier untergebracht worden.
Für Arbeiten und auch bei den Flakstellungen wurden auch Kriegsgefangene der Roten Armee eingesetzt. Sie waren in einer separaten Baracke im Venneberg einquartiert. Die Tatsache das drei von ihnen verhungerten, zeigt die unzureichende Versorgung dieser Menschen.
Ab 1942 stieg die Anzahl von Einflügen britischer Bomberverbände auf das Reichsgebiet. Zur Abwehr wurden in Plantlünne Nachtjäger Junkers Ju 88 stationiert. In der nächsten Zeit waren hier überwiegend Jagdverbände beheimatet. 1943 erfolgten einzelne Angriffe durch Jagdbomber auf den Einsatzhafen. Der stärkste Jabo-Angriff wurde am 4. August 1944 mit 67 Thunderbolts durchgeführt. Ein größerer Bomberangriff folge am 15. August, 54 B-24 Liberator warfen 132 t Bomben. Um den Bombardierungen zu entgehen, legte das Personal des Platzes beim Forsthaus südlich von Altenlünne ein Ausweichlager an.
Anfang 1945 erfolgten Einsätze der III./JG 26 ab Plantlünne im Rahmen der Operation Bodenplatte. Nun zeichnete sich allmählich das Ende der Krieges ab. Dieser Verband verlegte am 15. März weiter auf den Fliegerhorst Delmenhorst-Adelheide. Nicht mehr flugfähige Maschinen wurden vorher zerstört. Am 24. März fand die schwerste Bombardierung des Flugplatzes statt. 111 B-17 Flying Fortress warfen 329 t Bomben.
Ab 5. April verließ die Stammannschaft des Flugplatzes das Gelände. Das Munitionsdepot wurde am 7.4.45 gesprengt. Weitere Einrichtungen sind zerstört worden, das Flugfeld sollte durch Pflügen unbrauchbar gemacht werden.
Britische Verbände besetzten am 9. April den Einsatzhafen und den Ort Plantlünne. Der Krieg war damit für den Platz aber noch nicht beendet. Die Royal Air Force machte sich nach der Übernahme des Areals gleich an die Wiederherstellung als Flugplatz. Schon am 17. April standen wieder 36 Typhoon-Jäger auf dem südlichen Flugfeld. Der letzte Einsatz von Kampfflugzeugen ab Plantlünne ist am 3. Mai 1945 von der 198. Staffel der Briten geflogen worden. Dieser war der tragische Irrtum, des Angriffs auf die mit KZ-Häftlingen gefüllten Schiffe „Cap Arcona“ und „Thielbeck“ in der Lübecker Buch, bei dem 7.400 Gefangene ihr Leben verloren. Die Jagdbomber aus Plantlünne versenkten dabei mit Raketen das Schiff „Thielbeck“. Von den 2.800 Menschen an Bord überlebten nicht einmal 100.

 Ab 1945: 
Das britische Militär blieb nur kurze Zeit. Nach ihnen sind in den Baracken des Einsatzhafens Vertriebene eingewiesen worden, die Ländereien gingen zurück an die früheren Besitzer. Das Gelände ist wieder überwiegend in land- und forstwirtschaftliche Nutzung übergegangen.
Nach Aufstellung der Bundeswehr ist 1956 die Übernahme des Geländes durch sie erwogen worden, um den Platz zu einem Fliegerhorst auszubauen. Es kam jedoch nicht dazu, dem 15 km südöstlich liegenden ehemaligen Einsatzhafen Hopsten wurde der Vorzug gegeben. Später war auf dem westlichen Teil des Flugfeldes ein Gerätedepot des Territorialheeres der Bundeswehr geplant, auch dieses wurde nicht realisiert.
Ganz ohne Militär war blieb das Gelände jedoch nicht, die ehemalige Bekleidungskammer des Einsatzhafens im Nordlager wurde von der Bundeswehr lange Jahre als Kartenlager des Wehrbereichskommandos II, Hannover genutzt. Es ist Ende der 1990er Jahre abgerissen worden.

 Zustand: 
Heute sind nur noch wenige Spuren des früheren Flugplatzes zu finden. Das Flugfeld ist aber in seiner Auslegung größtenteils noch gut erkennbar. Weitere erhaltene Relikte zeigen die Bilder.

 Zugang: 
Fast alle Bereiche des ehemaligen Einsatzhafens sind zugänglich.
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Nordlager
Eine Baracke im Bereich des Nordlagers

Tank
Ebenfalls im Nordlager stehen diese Reste eines gesprengten Tanks

Kartenlager
Vom ehemaligen Kartenlager der Bundeswehr ist nur noch das eingezäunte Areal mit Tor erhalten

Flugfeld
Blick über das frühere Flugfeld

Südlager
Betonreste einer Baracke im Südlager

Munitionsbunker
Ein gesprengter Munitionsbunker

Flakturm
Dieser letzte erhaltene Flakturm ist heute ein Veranstaltungsort für Jugendarbeiten

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen
- Karl Ries, Wolfgang Dierich: Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Luftwaffe
- Heinrich Kreimeyer: Lünne
- Karl Rekers: Das Kriegsende 1945 in unserer Heimat
- Archiv N. Giese
- Michael Holm: http://www.ww2.dk
 
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