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Rubrik: Munitionsproduktion Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Das Marine-Sperrwaffenarsenal Schweinebrück
 Bis 1945: 
Die wichtigste Marinegarnison des Deutschen Reiches war Wilhelmshaven. Im Umfeld des Kriegshafens sind Produktionsstätten für Kampfmittel errichtet worden. Für die Munition der Schiffsgeschütze befand sich das Marineartilleriearsenal in Wilhelmshaven-Mariensiel. Ein Marinetorpedolager war in Wittmund-Hohehahn. Auch Minen benötigten die Wilhelmshavener Verbände. Im ehemaligen Fort Mariensiel befand sich das Minendepot Wilhelmshaven, welches aber auf kleiner Fläche über nur geringe Lagerkapazitäten verfügte. Benötigt wurde eine große Grundfläche zur Einrichtung eines neuen Marinesperrzeugamtes, Bezeichnung ab 1943 Marinesperrwaffenarsenal.
Rund 15 km südwestlich des Kriegshafens fand sich ein geeignetes Gebiet in der Gemeinde Zetel. Hier lag westlich des Ortes das Waldgebiet Schweinebrücker Fuhrenkämpe. Dort bot der Bewuchs einen guten Sichtschutz für die Anlage. In unmittelbarer Nähe befanden sich weitere militärische Liegenschaften. 2 km nördlich lag der Einsatzhafen Marx. Für diesen Flugplatz ist auf der gegenüberliegenden Seite der heutigen Bundesstraße 437 ein Munitionsdepot errichtet worden. Westlich des Arsenals unterhielt die Marinewerft Wilhelmshaven eine Ausbildungsstätte.

Das Sperrwaffenarsenal Schweinebrück war eines von dreien, die das gleiche Schicksal teilten. Die beiden anderen Arsenale waren Debstedt und Oxstedt. Bei ihnen wurde zwar mit dem Aufbau als eigenständiger Fertigungsbetrieb für Minen begonnen. Zur Vollendung kam es bis zum Ende des II. Weltkrieges jedoch nicht mehr. Aufgrund des reduzierten Bedarfes an Fertigungsanlagen wurde bei ihnen der Aufbau in den Kriegsjahren stark gebremst fortgeführt.

Für den Aufbau und den laufenden Betrieb des Sperrzeugamtes Schweinebrück ist am Nordostrand der Ansiedlung Fuhrenkamp ein Arbeitslager angelegt worden. Untergebracht wurden darin später auch zahlreiche Fremd- und Zwangsarbeiter. Am Kriegsende lebten darin 250 Menschen aus dem Ausland.
In der Schweinebrücker Fuhrenkämpe wurde im Osten des Geländes der administrative Bereich des Arsenals eingerichtet. Auf dem restlichen Gelände hat man zahlreiche massive Munitionslagerhäuser errichtet. Diese Munitionsbunker wurden über das umfangreiche Gleisnetz einer Schmalspurbahn erschlossen. Um die großen und schweren Minen sicher transportieren zu können, bot sich die Anlieferung auf der Schiene bis vor das Tor der Lagerhäuser an. So waren deutlich mehr Schienenstrecken als Straßen im Sperrwaffenarsenal zu finden, eine Bauweise die in solchen Depots üblich war.
Nur rund 500 m nördlich führte ein vollspuriges Anschlußgleis am Depot vorbei, welches vom Dorf Schweinebrück zum Einsatzhafen Marx führte. Dorthin legte man vom Sperrwaffenarsenal eine Schmalspurstrecke. An einer Verladerampe konnte von den Depot-Loren auf die vollspurigen Güterwagen umgeladen werden.

Während des II. Weltkrieges wurde entschieden, daß der Ausbau zum Fertigungsbetrieb nicht mehr nötig ist. Dagegen sollten die große Lagerkapazität für Minen genutzt werden. Dafür ist die Liegenschaft Schweinebrück dem Sperrwaffenarsenal Mariensiel als Außenlager unterstellt worden. Nun stand dem Garnison Wilhelmshaven ein Minendepot mit ausreichender Kapazität zur Verfügung.

Von Zerstörungen der Anlage durch Luftangriffe wird nicht berichtet. So wird das Marinesperrwaffenarsenal am Ende des Krieges weitgehend intakt an die Alliierten übergeben worden sein.

 Ab 1945: 
Die Briten besetzten die Anlage und richteten hier das Transit-Depot Neuenburg ein. Bis 1948 ist Munition und Material eingelagert und entsorgt worden. Am Ende stand die Demilitarisierung der Liegenschaft. Dabei wurden sämtliche Munitionsbunker gesprengt.

Nach Aufstellung der Bundeswehr kam das Militär wieder zurück in das frühere Minen-Arsenal. Ab 1. Juli 1958 trat in Wilhelmshaven-Mariensiel das Personal für das neue Marinemunitionsdepot (MMunDp) Schweinebrück zusammen. Unter Führung durch das MMunDp Tannenhausen begann der Neuaufbau in der alten Anlage. Am 1. Januar 1960 wurde das Depot offiziell für arbeitsfähig erklärt.
Das Areal umfaßt rund 172 ha Grundfläche, weiterhin dicht mit Nadel- und Mischwald bedeckt. Die grundlegende Aufteilung des Geländes wurde beibehalten. Im Osten ist wieder der Stabs- und Führungsbereich angesiedelt. Das restliche Gelände mit den Munitionslagern wird als der „Gefährliche Betriebsteil“ bezeichnet. In der Anfangszeit ist provisorisch gelagert worden. Auf die Bodenplatten der gesprengten Munitionsbunker wurde Zelte gestellt, in denen man die Kampfmittel deponierte. Für den Transport im Gelände verlegte man wieder Gleise für eine Schmalspurbahn. Diese ist allerdings nur bis ca. 1972 betrieben worden. Danach wurde der Umschlag auf LKW umgestellt, rund 28 km Straßen und Wege durchziehen heute die Liegenschaft.
Am 1. Januar 1962 ist fast 130 km südöstlich gelegen in der ehemaligen Eibia-Abteilung Löverschen eine Außenstelle des Depots eingerichtet worden. Aber bereits am 23. Juni 1964 wurde sie wieder aufgelöst.
Ab 1. April 1968 hat die Bundesmarine ein Nummernsystem für ihre landgebundenen Verbände und Einrichtungen eingeführt. Schweinebrück erhielt dabei die Bezeichnung Marinemunitionsdepot 4.

Unmittelbar gegenüber dem MMunDp richtete die Bundeswehr im Wald eine provisorische Standortmunitionsniederlage (StOMunNdlg) ein. Hier wurde Munition für in der Friesland Kaserne, Varel beheimatete Verbände deponiert. Das Provisorium bestand nur bis in die 1970er Jahre. Es konnte beendet werden, als im Südwesten des MMunDp 4 die neue StOMunNdlg 242/1 Zetel in Betrieb genommen wurde. Seit dem war also auch das Heer Nutzer der Anlage.

Nach Ende des Kalten Krieges folgten einige Änderungen für Schweinebrück. Am 1. Oktober 1999 wurde die Teileinheit Den Helder / Niederlande aufgestellt. Sie betreibt eine Teststation für Lenkflugkörper. In Wilhelmshaven verfügt das Depot über eine Torpedo-Teststation. Zu den Aufgaben des MMunDp 4 gehört die Lagerung und Wartung von Minen, Torpedos, Lenkflugkörpern sowie Artillerie und U-Jagd-Munition.

In jüngster Zeit vollzog sich eine grundlegende organisatorische Veränderung. Die logistischen Einrichtungen der Bundeswehr wurden von ihren bisherigen Teilstreitkräften in die Streitkräftebasis überführt. Der Name der Dienststelle in Schweinebrück änderte sich daraufhin in Munitionsdepot Zetel. Es wurde nun zu einem Leitdepot, dem einige andere Logistikeinrichtungen unterstellt wurden. Darunter die Munitionsdepots Aurich (ehem. MMunDp 2), Lorup (ehem. LwMunDp 62) und Walsrode (ehem. MunHDp WAL).

 Zustand: 
Da das Gelände nicht zugänglich ist, kann über den Zustand nichts gesagt werden. Durch die Demilitarisierung nach dem II. Weltkrieg ist aber klar, daß die meisten Einrichtungen jüngeren Datums sind.

 Zugang: 
Das gesamte Areal des ehemaligen Sperrwaffenarsenals ist als Militärischer Sicherheitsbereich nicht zugänglich.
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:
Bilder der ehemaligen StOMunNdlg Zetel, außerhalb des heutigen Marinedepots.

Zufahrtstraße
Die befestigte Zufahrtstraße ist im Wald noch erhalten

Lagerplätze
Auf solchen mit Erdwällen abgeschirmten Lagerplätzen standen früher die provisorischen Munitionslagerhäuser

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen
- Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945 - Band 3: Niedersachsen II
- Bundeswehr Wilhelmshaven: Standort Wilhelmshaven
- Manfred Staschen: Chronik MMun Dp 2
- Norbert Giese: Flugplatz Marx
- Archiv N. Giese
 
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