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Rubrik: Explosivstoffproduktion Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Wolff & Co, Werk Bomlitz
 Bis 1945: 
Die Pulverproduktion hat im Bomlitz eine lange Geschichte. Bereits 1815 gründeten die Kaufleute Dr. Leschen, Ludolph Urlaub und August Wolff aus einer alten Papiermühle an der Bomlitz die „Pulvermühle Leschen, Urlaub & Wolff“. Die Mitinhaber Leschen und Urlaub schieden schon bald wieder aus, sodaß August Wolff alleiniger Inhaber wurde, was sich im Firmenamen gleich widerspiegelte. Im Jahre 1818 standen fünf Mühlen und eine Salpetersiederei in Betrieb. 1839 sind weiter westlich, auf dem Gelände des Hofes Benefeld, weitere vier Mühlen dazugekommen, bis 1849 wurden sie auf zehn erweitert. Das Jahr 1873 brachte schließlich die Umstellung der Mühlen von Wasser- auf Dampfkraft.
Ebenfalls 1873 fusionierte Wolff mit der nahegelegenen Pulverfabrik Fallingbostel und der Rönsahler Pulverfabrik in Westfalen, welches zur „Deutschen Pulverfabriken AG zu Rönsahl und Walsrode“ führte. 1876 schied die Rönsahler Pulverfabrik bereits wieder aus, das verbliebene Konstrukt firmierte ab da unter dem endgültigen Namen Wolff & Co.
Im Jahre 1878 ist in Bomlitz eine neue Fabrik in Betrieb genommen worden, sie diente zur Herstellung von Schießwolle. Ab 1879 gehörte auch die Collodiumwolle zur Produktpalette, sie war und ist der Grundstoff für die Friedensproduktion. 1897 wurde für sie ein eigenes Werk aufgebaut. 1891 fand die Errichtung eines neuen Betriebes für die Produktion von rauchlosem Pulver statt, ihm wurde im Folgejahr eine Patronenladerei angeschlossen. Zwischen den beiden Werken in Bomlitz und Benefeld ist ab 1909 ein weiterer Komplex für Ammonnitrat-Sicherheitssprengstoff erbaut worden. 1913 fand schließlich der Wechsel von Dampfkraft zur Elektrizität mit eigenem Kraftwerk statt. Vor Beginn des I. Weltkrieges standen rund 600 Beschäftigte in Bomlitz in Lohn.
Mit Ausbruch des Krieges wurde im Westbereich des Areals die NC-Pulverfabrik Kibitzort aufgebaut. Erst jetzt ist das gesamte Areal aus Furcht vor Spionen und Saboteuren eingezäunt worden. 1915 folgte der Anschluß der Anlagen an das Eisenbahnnetz in Cordingen. 1916 mußte die Benefelder Schwarzpulverfabrik nach einer verheerenden Explosion stillgelegt werden, als Ersatz baute man oberhalb des Werkes die Schwarzpulverfabrik Haßmoor neu auf. Im letzten Kriegsjahr arbeiteten rund 3.000 Personen in Bomlitz, sie fertigten täglich 15 t NC-Pulver und 5 t Ammonpulver.
Nach Kriegsende mußten auf Veranlassung der Siegermächte die Fertigungsanlagen auf den Stand vor Kriegsbeginn zurückgebaut werden. Zwangsläufig zog dieses eine starke Reduzierung der Belegschaft nach sich. Ersatzweise wurden Teile der Mitarbeiter mit artfremden Aufgaben beschäftigt, so sind z.B. 200 Arbeiter für Wartungsarbeiten am Reichsbahnlokomotiven eingesetzt worden. 1919 zog die Werksleitung, die bislang in Walsrode ihren Sitz hatte, in ein neues repräsentatives Gebäude nach Bomlitz um. Im gleichen Jahr sind an Produktionszahlen nur noch weniger als 170 t Schwarzpulver dokumentiert. Zu dieser Zeit nahm das Werk als zweites Standbein die Fertigung von Folien und Kunstdärmen auf. Erst 1925 lief die Herstellung von Schießwolle und NC-Pulver wieder an. Gleichzeitig begann eine Zusammenarbeit mit der Firma Sander in Bremerhaven, mit der die Entwicklung von Raketentreibsätzen betrieben wurde. 1936 schloß sich Wolff & Co mit der DWM zusammen, um die „Donar GmbH für Apparatebau“ zu gründen, die das Werk in Bremerhaven nach dessen Konkurs weiterführte.
Auf Wunsch des Reichswehrministeriums errichtete Wolff & Co am 1935 auf dem Fuchsberg ein größeres Werk für die NC-Produktion, die Anlage „Waldhof“. In den Jahren 1937/38 folgte am Fuhrenkamp die Versuchsanlage „Walo I“ für die Forschung und Weiterentwicklung von Pulversorten. Zeitgleich mit der Inbetriebnahme von „Walo I“ wurde als Tochtergesellschaft von Wolff & Co die „Eibia GmbH für chemische Produkte“ gegründet. Diese sollte fortan die Werke für die militärischen Sprengstoffe führen. Von ihr sind nacheinander die Anlagen „Walo II“ in Bomlitz-Lohheide, „Weser“ in Dörverden und „Karl“ in Liebenau errichtet worden. Unter dem Namen Wolff & Co lief im II. Weltkrieg lediglich in vergleichsweise geringem Umfang die Schwarzpulverproduktion weiter.
Am 15. April 1945 besetzten Truppen der British Army die Werke und beendete damit den Krieg für Bomlitz.

 Ab 1945: 
Nach Ende des Krieges mußten die verschiedenen Militärpulver- und Schwarzpulver-Fabrikationsstätten abgebaut werden. Zunächst verblieb das Werk unter der Verwaltung der Briten, 1954 ist die Anlage an Wolff & Co zurückgegeben worden. Schon wenige Monate nach Kriegsende lief die Fertigung von Kunstdärmen wieder an. Seitdem ist in Bomlitz die Produktpalette auf die Herstellung von Collodiumwolle und Folien sowie weitere chemische Erzeugnisse umgestellt worden. Dafür hat man fortwährend an verschiedenen Stellen auf dem Gelände moderne Werksgebäude errichtet oder vorhandene umgebaut. 1974 wurde Wolff & Co eine Tochter der Bayer AG, Leverkusen.
Eine grundlegende Umwandlung des Bomlitzer Werks fand am 1. Januar 2001 statt, es wurden die einzelnen Betriebsteile in eigenständige Gesellschaften überführt. Die heute „Wolff Walsrode AG“ bezeichnete Dachgesellschaft vermarktet den rund 112 ha umfassenden „Industriepark Walsrode“. Auf dem Werksgelände sind gegenwärtig etwa 2.500 Menschen beschäftigt.

 Zustand: 
Da auf dem weitläufigen Areal in Bomlitz seit 1815 fast ohne Unterbrechungen industriell gearbeitet wurde, unterlag das Gelände zwangsläufig ständigen Veränderungen. Aus den Anfangstagen sind heute keine Bauten erhalten, es blieben aber aus den verschiedenen Epochen in unterschiedlicher Anzahl Gebäude erhalten.

 Zugang: 
Das eigentliche Werksgelände, des heutige Industriepark Walsrode darf nicht betreten werden. Einzelne Bauten von Wolff & Co befinden sich aber außerhalb des gesperrten Gebietes.

 Hinweis: 
Informationen über den Gesamtkomplex „Industriepark Walsrode“:
http://www.industriepark-walsrode.de
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Werksleitung
Der repräsentative Sitz der Werksleitung aus dem Jahr 1919. Bis nach dem II. Weltkrieg waren hier auch Laboratorien untergebracht.

Haupt-Werkstor
Das Haupt-Werkstor zum „Industriepark Walsrode“, das Pförtnerhaus ist von 1916.

Gutshof
Historische Gebäude des alten Bomlitzer Gutshofes am Ostrand des Werksgeländes

Gutshof
Ein Bauwerk des Gutshofs

Feuerwehr
Ortsfeuerwehr und Werksfeuerwehr in einem Komplex

Gedenkstein
Der Gedenkstein wurde bereits 1915 zum hundertjährigen Bestehen der Pulverfabrik aufgestellt

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Helge Matthiesen: Geheime Reichssache EIBIA
- Andrea Hesse: Prädikat „Bestbetrieb“ - die Eibia GmbH für chemische Produkte in Bomlitz
 
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