Bis
          1945:  
      Im Wehrkreis X, Hamburg sind während des Krieges insgesamt vier Mannschaftsstammlager
      (Stalag) eingerichtet worden. Die weiteren Lager waren: Stalag X A Schleswig
      (Schleswig-Holstein) sowie in Niedersachsen das Stalag
      X C Nienburg und das Stalag X D Wietzendorf.
      Bereits 1932 hat der kirchliche Freiwillige Arbeitsdienst auf dem Gelände des
        späteren Stalag Sandbostel ein Lager eingerichtet. Nach der Machtergreifung
        durch die Nationalsozialisten 1933 wurde dieses in den Reichsarbeitsdienst
        übernommen. 
        Mit Beginn des II. Weltkrieges am 1. September 1939, hat man das Objekt
        zur Unterbringung von Kriegsgefangenen verwendet. Neben britischen Zivilinternierten
        kamen auch gefangene polnische Soldaten hier unter. Da Sandbostel als
        erstes Mannschaftsstammlager im Wehrkreis X gegründet wurde, lautete
        nun folgerichtig die Bezeichnung Stalag X A, während Schleswig unter
        X B lief. 1940 hat man die Kennungen getauscht. 
        Sandbostel war eines der größten Kriegsgefangenenlager der Wehrmacht.
        Insgesamt sollen über die Jahre bis 1945 über 1 Million Menschen aus
        46 Nationen das Lager durchlaufen bzw. belegt haben. Die hohe Zahl ergab
        sich dadurch, daß Sandbostel eine zentrale Verteilstelle war, durch welche
        viele Gefangene auf Außenkommandos oder andere Stammlager weitergeleitet
        wurden. 
      Zur Unterbringung standen Baracken zur Verfügung, es mußte
        aber bis 1941 beim Eintreffen großer Transporte übergangsweise auch auf
        Zelte ausgewichen werden. Im hinteren östlichen Teil ist ein Bereich
        gesondert abgetrennt worden. Hier sind Offiziere, vornehmlich der Polnischen
        Armee, einquartiert gewesen. Für diese Einrichtung, die im Spätherbst
        1941 zum Teil nach Itzehoe (Schleswig-Holstein) ausgelagert wurde, lautete
        die Bezeichnung Offizierslager (Oflag) X A. 
        Zur Bewachung des Komplexes hat man Landesschützen herangezogen. Sie
        waren in einem vormaligen RAD-Lager in der Ortschaft Heinrichsdorf untergebracht,
        ca. 500 m westlich gelegen. 
        Im Laufe der Jahre kamen Kriegsgefangene verschiedenster Nationen in
        Sandbostel unter; je nach Nationalität in unterschiedlichen Lagerbereichen
        und in ebenso unterschiedlicher Versorgungslage. Die Belegung ergab sich
        aus dem Vormarsch deutscher Truppen. So trafen 1939 polnische, ab Juli
        1940 französische, ab Frühjahr 1941 serbische und ab Herbst des Jahres
        sowjetische Soldaten im Lager ein. Nach dem Sturz des Mussolini-Regimes
        in Italien und deren anschließendem Waffenstillstandsabkommens mit den
        Alliierten, erfolgte ab September 1943 auch die Einweisung von Italienischen
        Militär-Internierten (IMI). 
        Im April 1941 hat man südlich der Lagerstraße einen Bereich besonders
        abgesperrt. Hier entstanden für gefangengenommene Besatzungen alliierter
        Schiffe zwei Lager, das Marinelager (Marlag) für Soldaten und das Interniertenlager
        (Ilag) für Zivilisten. Diese Gefangenen lebten in einer wesentlich besseren
        Versorgungslage als die Insassen der anderen Lagerteile. Um keine Unruhen
        aufkommen zu lassen, hat die Wehrmacht Marlag und Ilag streng vom Rest
        des Stalag isoliert. Nach Protesten des Internationalen Roten Kreuzes
        gegen die Einquartierung der zivilen Seeleute innerhalb eines Kriegsgefangenenlagers
        entschloß sich die Wehrmachtsführung, Marlag und Ilag ab Sommer 1941
        in zwei neue separate Lager nach Westertimke zu
        verlegen. Außerdem bestand in Sandbostel nach dem Überfall auf die Sowjetunion
        dringender Bedarf an freien Kapazitäten. 
        Mit dem Eintreffen Kriegsgefangener der Roten Armee folgte auch für das
        Stalag X B die Phase der schlimmsten Zustände des Lagers. Da die sowjetischen
        Soldaten der NS-Ideologie zufolge als minderwertig galten, wurde ihre
        Versorgung vollkommen unzureichend durchgeführt. Durch Unterernährung
        und durch Epidemien gab es zahllose Tote, die in Massengräbern auf dem
        Lagergelände und in der Umgebung verscharrt wurden. 
      Zum Komplex von Sandbostel gehörte auch ein abgesetztes kleines
        Lager für Gefangene, die besonders bestraft werden sollten. Rund 1,5
        km südwestlich hat die Lagerleitung das „Sonderlager“ im Moorgebiet eingerichtet.
        Die dortigen Häftlinge wurden unter härtesten Bedingungen bei der Moorkultivierung
        eingesetzt. 
      Zu verschiedenen Zeitabschnitten sind dem Stalag X B bis zu
        mehrere hundert Arbeitskommandos im Weser-Elbe-Dreieck zugeordnet gewesen.
        Diese Kriegsgefangenen waren in der Landwirtschaft, dem Gewerbe und der
        Rüstungsindustrie eingesetzt. Im August 1942 ist dem Sandbosteler Stalag
        das Lager in Wietzendorf als Zweiglager angegliedert worden. Das war zu der Zeit mit Soldaten der Roten
        Armee belegt. 
      Ab April 1944 nutzte auch die SS Sandbostel als Auffang- und
        Durchgangslager für KZ-Gefangene. So fanden etliche „Evakuierungs“-Transporte
        und -Märsche von ca. 10.000 Gefangenen aus aufgelösten KZ-Außenlagern
        des KZ Neuengamme nach Sandbostel statt. Unter anderem sind Insassen
        der KZ-Lager aus dem Bereich der Baustelle der U-Boot-Bunkerwerft „Valentin“ hierher in Marsch gesetzt worden. Diese Häftlinge hat man hauptsächlich in den
        südöstlichen Lagerbereich eingewiesen, dem früheren Marlag. Sie wurden
        kaum versorgt, und blieben weitgehend sich selbst überlassen. Epidemien
        und massenhaftes Sterben waren hier die Regel. 
      Etwa 600 m nordöstlich befand sich ab Juni 1940 das Reservelazarett
        X B der Wehrmacht. Es wuchs während des Krieges zum größten Lazarett
        des Wehrkreises X an, mit einer Kapazität von 1.750 Betten. Hier sind
        Kranke, auch aus den weiteren Lagern des Wehrkreises behandelt worden. 
      Am 29. April 1945 erreichten britische Truppen Sandbostel,
        und befreiten nach einigen Kämpfen die Gefangenenlager. 
       Ab 1945:  
        Viele Insassen der Lager sind nach der Befreiung zügig in Richtung Heimat
          verlegt worden. Zahlreiche waren aber so geschwächt, daß sie noch für
          längere Zeit in umliegenden Ausweichhospitälern behandelt werden mußten.
          Auch nach der Befreiung verstarben noch etliche ehemalige Gefangene
          an den Folgen der vorherigen völlig unzureichenden Versorgung. 
        Am 3. Juli 1945 waren alle ehemaligen Gefangenen aus den Bereichen des
        Stalag Sandbostel abgezogen. Die zu Tode gekommenen Inhaftierten wurden
        nach Kriegsende auf einem Kriegsgräber-Friedhof am Ostrand des Ortes
        Sandbostel beigesetzt, bzw. aus verschiedenen Massengräbern dorthin umgebettet. 
      Die britische Besatzungsmacht verwendete das Stalag von 1945-1948
        als Internierungslager für ehemalige SS- und NSDAP-Führer. In und nach
        dieser Zeit sind Teilbereiche des Lagers abgerissen worden. Insbesondere
        die Baracken, in denen Seuchen grassiert hatten, wurden zum Schutz abgebrannt.
        Freigewordene Flächen wandelten ortansässige Landwirte zu Ackerland um. 
        1948 übernahm das Niedersächsische Justizministerium das verbliebene
        Gelände, um darauf bis 1952 eine Außenstelle des Zuchthauses Celle zu
        betreiben. Schließlich folgte ab 1952 eine letzte Verwendung als Lager.
        Nun wurden in Sandbostel elternlose männliche Jugendliche im Alter zwischen
        14 und 24 Jahren aufgenommen, welche aus der DDR geflohen waren. Die
        entsprechende Einrichtung für weibliche Jugendliche ist zur gleichen
        Zeit in Westertimke eingerichtet
        worden. 
        Um die Betreuung der Jugendlichen kümmerten sich mehrere soziale und
        kirchliche Einrichtungen. In dieser Zeit sind in Sandbostel verschiedene
        Umbaumaßnahmen an den Gebäuden durchgeführt worden. Auch hat man vereinzelt
        vorhandene Baracken umgesetzt, sowie neue Bauwerke errichtet. Darunter
        waren eine katholische und eine evangelische Kirche. 1960 erfolgte die
        Auflösung des Jugendlagers. Das Gelände wurde nun an das Bundesvermögen
        zurückgegeben. Das ehemalige Stalag stand fortan leer. 
      Anfang der 1960er Jahre gab es Planungen, auf der Liegenschaft
        eine Kaserne für das Niederländische Heer neu aufzubauen. Aus Kostengründen
        ist schließlich aber ein Garnisonstausch durchgeführt worden. Die Bundeswehr
        räumte ihre Kaserne in Seedorf, gut 10 km südöstlich gelegen, damit die
        Koninklijke Landmacht dort Teile ihrer verstärkten 41. Panzerbrigade
        einquartieren konnte. Im Gegenzug stellten die Niederlande im eigenen
        Land in Budel eine Kaserne zur Verfügung, worin die Bundeswehr zunächst
        das Luftwaffenausbildungsregiment 2, später auch das Sanitätsbataillon
        110 stationierte. 
      1974 verkaufte die Bundesvermögensverwaltung das Sandbosteler
        Gelände an gewerbliche Nutzer. Nun entstand hier das Gewerbegebiet Immenhain.
        Verschiedenartige Nutzungen folgten. Im ehemaligen Vorlager kam eine
        Straßenmeisterei und ein holzverarbeitender Betrieb unter. In der Südecke
        übernahm ein Reiterhof eine Teilfläche. Der Bereich mit den meisten historischen
        Baracken wurde von einem Militariahändler erworben, der die Bauten als
        Lager verwendete. 
        Im Jahre 1992 stellten die Behörden die historischen Gebäude des ehemaligen
        Stalags und des Reservelazaretts unter Denkmalschutz. Trotzdem verfielen
        insbesondere die Holzbaracken zusehends. 
        Ebenfalls im Jahr 1992 ist der Verein „Dokumentations- und Gedenkstätte
        Sandbostel“ gegründet worden. Er hatte über viele Jahre das Problem,
        auf dem Lagergelände nur wenig ausrichten zu können. Erst 2005 war es
        möglich, eine rund 2,7 ha große
        Teilfläche zu erwerben, auf der neun historische Holzbaracken stehen.
        Inzwischen wurde auch ein Büro in der Liegenschaft eröffnet. Nun wird
        vom Verein der Aufbau einer Gedenkstätte auf dem ehemaligen Stalag-Gelände
        betrieben. 
       Zustand:  
        Heute besteht das Areal nur noch aus etwa der Hälfte der ehemaligen Gesamtfläche
          des Stalag. Auf dem Gelände sind rund 25 historische Gebäude erhalten.
          Ein Teil der Bauten wurde gegenüber der Zeit bis 1945 durch die späteren
          Nutzungen teilweise verändert. Da über Jahrzehnte bei den meisten Bauwerken
          kaum etwas zur Erhaltung getan worden ist, sind diverse davon stark
          beschädigt, teilweise besteht Einsturzgefahr. Inzwischen haben Bauarbeiten
          zur Sicherung der Substanz begonnen. 
        Nachdem man den über Jahre gewachsenen Baumbestand entfernt hat, gibt
        das gesamte Ensemble mit den Holzbaracken den Eindruck des Stalag recht
        authentisch wieder. Sandbostel dürfte eines der letzten erhaltenen Kriegsgefangenenlager
        dieser Art sein. 
       Zugang:  
        Das gesamte Gelände ist begehbar, ausgenommen natürlich die diversen
          Betriebs- und Privatgrundstücke. Über den Verein „Dokumentations- und
          Gedenkstätte Sandbostel e.V.“ können Besichtigungen vereinbart werden. 
       Hinweis:  
        Die Stiftung Lager Sandbostel: 
        https://www.stiftung-lager-sandbostel.de 
      Über das Stalag X B Sandbostel ist ein Buch erschienen: 
        Titel: Stalag X B Sandbostel 
        Autoren: Werner Borgsen und Klaus Volland 
        Verlag: Edition Temmen 
        ISBN: 3-926958-65-0  
       | 
    Blick
          aus der Vogelperspektive mit Google Maps: 
       
       
      Fotos: 
        Stalag X B: 
        
        Blick von der Haupteinfahrt auf die alte Lagerstraße, die durch das ehemalige
          Stalag X B führt. 
        
        Die Kommandantur wird heute von einer Straßenmeisterei genutzt. 
        
        Eine erhaltene Gefängnisbaracke. 
        
        Baracke 10 weist heute nur noch die Hälfte der ursprünglichen Länge auf. 
        
        Das Dach ist teilweise eingestürzt. 
        
        Blick auf Baracke 12. 
        
        Entlang der Lagerstraße standen mehrere Baracken in teilweise massiver
          Bauweise. 
        
        Die Sanitärgebäude waren komplett massiv ausgeführt. 
        
        Der große Bau der Küche A. Das Dach zeigt deutliche Spuren des Verfalls. 
        
        Küche A von der Rückseite. 
        
        Zwischen beiden Küchen ein kleiner Erdbunker für das Personal. 
        
        Die Tür des Luftschutzbunkers. 
        
        Bis zum Jahr 2007 bestanden viele Bäume das Gelände. 
        
        Heute stehen die Baracken wieder frei und geben so eher das frühere Aussehen
          des Stalags wieder. 
        
        Blick entlang der Baracken 44 bis 92. 
        
        Baracke 44 vollständig in Holzbauweise. 
        
        Bei einigen Baracken sind ganze Gebäudeteile eingestürzt. 
        
        Zu Stalag-Zeiten bestanden die Baracken aus jeweils zwei großen Sälen.
          Die Aufteilung auf kleinere Räume mit Flur wurde erst nach dem Krieg
          umgesetzt. 
        
        Eines der nachträglich in die Baracken eingezogenen Zimmer. 
        
        An der Wand dieses Flures Zeichnungen ostdeutscher Landschaften. Sie
          entstanden in der Zeit des Jugendlagers. 
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