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Rubrik: Flugplätze Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Der Einsatzhafen Hesepe
 Bis 1945: 
Auf dem Gebiet der Gemeinde Bramsche sind vor dem II. Weltkrieg gleich zwei bedeutende Militärflugplätze eingerichtet worden. Neben dem auf dieser Seite vorgestellten Einsatzhafen Hesepe entstand rund 8 km südlich der Fliegerhorst Achmer. Auch der Einsatzhafen Vörden ist lediglich 12 km von hier entfernt.

Das Gelände des Einsatzhafen Hesepe befand sich nordwestlich der kleinen Ortschaft im Thiener Feld. Der Deckname des Platzes lautete „Holstentor“. 1938 erfolgte der Baubeginn. Einzelne Anwohner mußten dafür umsiedeln. Die Arbeiten leistete zunächst neben der zivilen Bauwirtschaft auch der Reicharbeitsdienst, der in Bataillonsstärke vor Ort war. Zu deren Unterbringung entstanden drei Barackenlager im näheren Umfeld, ein viertes stand weiter westlich in Ueffeln. Während des Krieges kamen auch Kriegsgefangene auf dem Einsatzhafen zum Einsatz.
Für den Flugbetrieb entstanden ab 1939 drei als Triangel angelegten Betonstartbahnen. Auf der Nordseite des Geländes wurde das „Nordlager“ errichtet. Hier brachte man Verwaltung und Flugleitung unter. Auch Flugzeughallen sind hier gebaut worden. Der Technische Bereich mit der Flugwerft sowie Unterkunftsbaracken waren am Südrand des Flugplatzes angesiedelt. Die Bauten entstanden zum Teil in massiver Steinbauweise, aber auch diverse in leichter Holzbauweise. An den Platzrändern wurden befestigte Abstellplätze geschaffen. Für den Material- und Nachschubtransport ist ein Anschlußgleis vom Bahnhof Hesepe gelegt worden, welches die gesamte Anlage fast umschloß.
Auch im Umfeld des Einsatzhafens wurden weitere Einrichtungen für den Flugplatz gebaut. Zwei Munitionsdepots hat man eingerichtet. Das größere entstand gut 1 km südlich. Ein kleineres gut 1 km westlich. In beiden sind die Munition und Bomben in Holzhütten gelagert worden. Die Lager waren jeweils über ein Stichgleis mit der Eisenbahn verbunden.

In der ersten Zeit des II. Weltkrieges sind für Hesepe keine nennenswerten Belegungen verzeichnet. Der Platz wird aber sicher beim Einmarsch in die Niederlande genutzt worden sein. Da 1941/42 auf dem Nachbarplatz Achmer häufig Umschulungen von Verbänden auf andere Flugzeugmuster durchgeführt wurden, wird Hesepe dabei auch immer wieder angeflogen worden sein. Ab 1943 bekamen die Bramscher Plätze eine Bedeutung für die Abwehr der immer häufiger in das Reichsgebiet einfliegenden alliierten Bomberflotten.
Anfang bis Mitte 1944 lag die I. Gruppe des Kampfgeschwader 2 „Holzhammer“ in Hesepe, ausgerüstet mit Bombern Dornier Do 217 und Junkers Ju 188. Dieser Verband flog im Rahmen des Unternehmens „Steinbock“ Angriffe gegen Städte in Großbritannien.
Nun kam der Flugplatz verstärkt in das Visier der Alliierten bei der Festlegung von Angriffszielen. In den vergangenen Jahren hatten bereits immer wieder leichtere Bombardierungen stattgefunden. Am 21. Februar 1944 erfolgte ein stärkerer Angriff, der vor allem auf den Einsatzhafen Vörden abzielte. Aber auch in Hesepe kam es dabei zu einigen Schäden am Flugplatz und an zivilen Bauten. Schon am 8. April folgte ein weiterer schwerer Angriff. Als Folge wurde ein Luftschutzstollen im Höhenzug Gehn vorangetrieben. Hier brachte man nun die Nachrichtenzentrale des Flugplatzes unter. Die Anlage diente aber auch als allgemeine Luftschutzanlage für das Flugplatzpersonal und die Zivilbevölkerung der Umgebung.
Im August und September des Jahres wurden einige Baumaßnahmen durchgeführt, mit der die Stationierung von Strahljägern vom Typ Messerschmitt Me 262 „Schwalbe“ möglich werden sollte. Südlich am Rand des Höhenzuges wurden dafür weitere Splitterschutzboxen geschaffen. Am 26. September hat die Luftwaffe in Achmer und Hesepe das Kommando Nowotny aufgestellt. Kommandant der Einheit war der erfolgreiche Jagdflieger Walter Nowotny. Er ist bei einem Einsatz mit seiner Me 262 am 8. November 1944 abgeschossen worden. Nahe der Absturzstelle bei Epe, keine 5 km östlich von Hesepe, befindet sich noch heute ein Gedenkstein.
Einzelne Staffeln des Kampfgeschwaders 76 flogen ab Herbst 1944 bis zum Februar des Folgejahres Einsätze mit dem Bomber Arado Ar 234 „Blitz“ ab Hesepe.
Im März 1945 fanden schwere Angriffe auf die drei Flugplätze der Gegend statt. Dabei wurden die Anlagen in Hesepe so stärk beschädigt, daß der Flugbetrieb eingestellt werden mußte. Nach dem Angriff vom 24. März wurde der Einsatzhafen geräumt. In der Nacht vom 3. auf den 4. April sind schließlich alle Einrichtungen von der Wehrmacht gesprengt worden.
Am 10. April erreichten britische Verbände die Region und besetzten auch den Einsatzhafen Hesepe.

 Ab 1945: 
In den Jahren nach Kriegsende wurde der Flugplatz demilitarisiert. Im Anschluß folgte der Abriß nahezu sämtlicher Einrichtungen. Bis 1952 wurde das Gelände von den Briten als Sprengplatz genutzt, auf dem sie überzählige Munitionsbestände vernichteten.

Das Gebiet lag nun einige Zeit brach. Im Rahmen der Aufrüstung während des Kalten Krieges wurde die Liegenschaft Anfang der 1960er Jahre wieder vom Militär belegt.
Auf dem nördlichen Teil des ehemaligen Flugfeldes ist vom Nachschubkommando des I. Korps der Bundeswehr aus Münster (NRW) ein Korpsdepot eingerichtet worden. Das KorpsDp 156 Hesepe wurde 1964 mit 2000 t Munition aufgefüllt. Die Lagerung dürfte in Zelten stattgefunden haben, Munitionsbunker sind zumindest heute nicht mehr erkennbar.
Das Konzept der Korpsdepots ist in den 1970er Jahren grundlegend überarbeitet worden. Man beschloß, diese logistischen Einrichtungen weiter Richtung Osten zu verlegen. Für das KorpsDp 156 bedeutete das die Auflösung und Räumung der Anlage. Der Bereich lag danach für viele Jahre brach. Inzwischen wird dieser Geländeteil teilweise landwirtschaftlich genutzt.

Im südlichen Teil des Flugfeldes wurde Anfang der 1960er Jahre mit dem Bau einer Kaserne für die Niederländische Luftwaffe begonnen, dem „Willem-Versteegh-Kamp“. Hesepe lag günstig im Sektor 9 des Nike-FlaRak-Gürtels der NATO, welcher von den Niederlanden belegt wurde. Zunächst war die Kaserne zur Unterbringung des Hauptquartiers der 1. Groep Geleide Wapens (GGW) aus Münster-Handorf geplant. Letztendlich blieb dieser Verband jedoch am Ort und Hesepe konnte von der neu aufgestellten Groep Techniek en Materieel Geleide Wapens, Abkürzung GTMGW oder kurz GTM, bezogen werden.
Dieser Verband in Bataillonsstärke war das logistische Rückgrat der in Deutschland stationierten FlaRak-Einheiten der KLU. Die GTM lag ab 1. Juli 1964 komplett in Hesepe. Im Camp standen Werkstätten zur Verfügung, in denen die Wartung und Reparatur der technischen Komponenten des FlaRak-Systems Nike für die 1. GGW, Münster-Handorf (NRW) und die 2. GGW, Schöppingen (NRW) durchgeführt wurde. Daneben befanden sich in der Kaserne auch Magazine für die Ersatzteilbewirtschaftung sowohl für die Nike, als auch für das System Hawk.
Mit der grundlegenden Umstrukturierung der niederländischen FlaRak-Verbände im Jahre 1975 kam das Ende für die GMTGW. Die 1. und 2. GGW sowie die GMTGW wurden zur neuen 12. GGW zusammengefaßt. Das Willem-Versteegh-Kamp diente fortan als Hauptquartier und Unterkunft für die 12. GGW.
Eine letzte große Veränderung ergab sich durch den Wechsel vom System Nike auf die modernere Patriot. Für die Niederländer bedeutete dieser Schritt die Auflösung aller Nike-Verbände. Die Patriot ist den bisherigen Hawk-Gruppen zugeordnet worden. Im April 1988 wurde die 12. GGW aufgelöst und der Standort Hesepe endgültig aufgegeben.
Ebenfalls im Willem-Versteegh-Kamp war von 1964 bis 1988 auch die 118 Sqn untergebracht. Diese Einheit betrieb auf dem ehemaligen Einsatzhafen Vörden eine Nike-Stellung.

Die Kaserne wurde danach zum Grenzdurchgangslager Bramsche/Osnabrück, das von zahlreichen Umsiedlern aus Osteuropa durchlaufen wurde. Inzwischen trägt es die Bezeichnung Aufnahmelager Bramsche-Hesepe. Heute befinden sich überwiegend Asylbewerber in der Einrichtung.

 Zustand: 
Von den Einrichtungen des ursprünglichen Einsatzhafens ist heute auf den ersten Blick nicht mehr viel erkennbar. Die Bilder unten zeigen einiges, was sich mit etwas Suche noch finden läßt.

 Zugang: 
Die meisten Bereiche des ehemaligen Flugplatzes sind zugänglich. Ausgenommen natürlich alle Privatgrundstücke.

 Hinweis: 
Für alle Flugplätze gilt:
Über die Flughäfen der Luftwaffe ist ein Buch mit zahlreichen zeitgenössischen Standort-Skizzen erschienen:
Titel: Fliegerhorste
Autoren: Karl Ries und Wolfgang Dierich
Verlag: Motorbuch
ISBN: 3-613-01486-6
In diesem Buch ist vom Flugplatz Hesepe eine Skizze enthalten!
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Wasserzisterne
Am Nordrand Betonreste vermutlich einer Wasserzisterne

Nordlager
Weitere Spuren des ehemaligen Nordlagers

Nordlager
Ebenfalls Nordlager

Bunker
Unmittelbar östlich neben der B68 stand bis vor einigen Jahren dieser Bunker

Startbahn
Ein Motorsportverein nutzt hier ein Reststück der früheren Startbahn

Startbahn
Blick entlang der entfestigten östlichen Startbahn


Außenbereich:

Geräteschuppen
Vom großen Munitionsdepot im Süden ist dieser Feuerwehr-Geräteschuppen erhalten

Gedenkstein
Gedenkstein für den Me 262-Piloten Nowotny an der Absturzstelle bei Epe


Nachkriegsnutzung - Kaserne:

Kaserne
Die Hauptzufahrt der ehemaligen niederländischen Kaserne „Willem-Versteegh-Kamp“, heute Aufnahmelager Bramsche.

Nachkriegsnutzung - Korpsdepot:

KorpsDp
Die Zufahrt zum KorpsDp 156

Gebäude
Ein einzelnes Gebäude des Depots blieb erhalten

Asphaltstraße
Eine Asphaltstraße am Südwestrand des Korpsdepots

Hydranten
Einzelne Hydranten zeugen noch von der Depot-Zeit

Dunkelgrau: die befestigten Startbahnen und Abstellplätze, diese Objekte existieren heute nicht mehr!
Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen
- Karl Ries, Wolfgang Dierich: Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Luftwaffe
- Ewald Hein-Jahnke: Bramsche im II. Weltkrieg
- Rinus Nederlof: Blazing Skies
- Michael Holm: http://www.ww2.dk
 
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