Bis 1945:
Die offizielle Bezeichnung der hier vorgestellten Anlage lautete Heeres-Nebenmunitionsanstalt Osnabrück. Die Liegenschaft befindet sich am westlichen Rand des Stadtteils Hafen. Umgangssprachlich wird das Gebiet meist dem Stadtteil Eversburg zugeschlagen. Gebräuchlich war die Kurzbezeichnung Nebenmuna oder Muna Osnabrück.
Über Nebenmunitionsanstalten liegen eher wenige Angaben vor. Oftmals ist vor Ort nicht bekannt, daß dortige Munitionsdepots in diese Kategorie fallen. Heeres-Nebenmunitionsanstalten sind Dienststellen der Feldzeugtruppe des Heeres der Wehrmacht gewesen. Aufgabe der Feldzeugtruppe war die Bereitstellung von Ausstattung und Nachschub für die zugeordneten Verbände und Einheiten. Die Aufstellung dieser Dienststellen erfolgte im Rahmen der allgemeinen Aufrüstung des III. Reiches ab 1934.
Jedem Wehrkreiskommando unterstand ein Feldzeugkommando. Diesem nachgeordnet gab es ein Heeres-Zeugamt (HZa), in einigen Fällen auch derer zwei. Auf der nächsten Hierarchiestufe standen mehrere Heeres-Nebenzeugämter (HNZa). In den Jahren vor dem II. Weltkrieg sind in kurzer Zeit viele Verbände der Wehrmacht neu gebildet worden. Neben den aktiven Einheiten kamen zahlreiche mobilmachungsabhängige hinzu. Die Bereithaltung und Pflege der Ausstattung dieser nicht aktiven Truppen war eine Hauptaufgabe der Zeug- und Nebenzeugämter. Zur Einlagerung von Waffen, Gerät und Fahrzeugen entstanden Gerätelager in diversen Orten, oft in angemieteten Objekten. Zur Deponierung der vorzuhaltenden Munition wurde für fast jedes HZa und HNZa eine Heeres-Nebenmunitionsanstalt (HNMa) aufgebaut, in dieser Konstellation intern bezeichnet als „Typ b“. Für den Bedarf der aktiven Verbände gab es im Umfeld derer Garnisonen weitere Truppen-Munitionsniederlagen (TrMunNdlg). Oftmals entstanden HNMa durch Ausbauten von bestehenden TrMunNdlg. Die Aufgaben der Munitionsniederlage für die aktiven Truppenteile führte die Nebenmuna dann vermutlich fort.
Nach der Mobilmachung der Wehrmacht zum Beginn des II. Weltkrieges wechselte die Aufgabe von HZa und HNZa. Nun sind fortlaufend neue Truppen aufgestellt worden. Die Ausrüstung dieser Verbände war jetzt die Hauptaufgabe der Ämter.
Die Heeres-Nebenmunitionsanstalten verfügten meist über recht wenige Lagerbauten auf unter 10 ha Grundfläche. Es gab aber auch eigenständige größere HNMa mit anderen Aufgaben, die direkt den Feldzeugkommandos unterstanden, interne Bezeichnung: „Typ a“. Eine Herstellung oder Befüllung von Kampfmitteln wurde in den Objekten nicht durchgeführt. Es ist ausschließlich gelagert worden.
Die Bauarten der Munitionshäuser variieren. Man findet die für die Deponierung von Munition gängigen massiven Munitionsbunker mit Erdüberdeckung. Aber auch ungeschützte freistehende gemauerte Lagerhäuser waren verbreitet.
Auffällig ist die in fast allen Fällen fehlende Anbindung an die Eisenbahn. Zur damaligen Zeit fand der größte Teil aller Transporte auf der Schiene statt. Reguläre Munitionsanstalten hatten daher immer einen Gleisanschluß bis in die Liegenschaft. Bei den Nebenmunitionsanstalten gab es das kaum. Für den Umschlag von Munition in größerer Stückzahl war das sicherlich ein einschränkender Faktor.
Das Gebiet nördlich des Bahnhofes Eversburg hatte bereits eine längere militärische Vorgeschichte. Schon zu Zeiten des Kaiserreiches ist dort eine große Schießstandsanlage aufgebaut worden. Einige Schießbahnen erstreckten sich von der heutigen Eversburger Straße Richtung Nordosten bis über 550 m Länge. Hier wurde hauptsächlich von Truppen aus den Kasernen der Garnison Osnabrück geschossen.
Mit 150 m Abstand hatte man westlich der Bahnen ein Friedenspulvermagazin eingerichtet. Das Objekt soll im Jahr 1901 entstanden sein. Es bestand aus einem Lagerschuppen, in dem das Schießpulver des Militärs deponiert wurde. Zum Schutz der Umgebung umschloß ein höherer Erdwall den Bau zu allen Seiten. Ein Blick auf die Auslegung einer vergleichbaren Anlage kann auf der Seite Marine-Forts in der Wesermündung geworfen werden. Mit dem Magazin gab es bei Eversburg also schon seit längerer Zeit ein Depot für Explosivstoffe.
Nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Macht in Deutschland ergriffen hatten, begannen sie umgehend mit der massiven militärischen Aufrüstung des Landes. Auch in der Garnison Osnabrück entstanden in den 1930er Jahren mehrere neue Kasernen. Für den Bedarf der Truppen war Munition zu lagern. Zum Aufbau eines Depots suchten die Planer nach geeignetem Gelände im Umfeld der Stadt. Wie auch andernorts erkennbar, blickten sie meist zuerst auf vorhandene militärische Liegenschaften, wie Schießstände und Übungsplätze. So ist in diesem Fall eine Fläche westlich neben den Eversburger Schießständen ausgewählt worden.
Laut Altlastenbericht wurde das Objekt im Jahr 1935 eingerichtet. Der frühe Zeitpunkt spricht für den Aufbau als zunächst Truppen-Munitionsniederlage. Das in Münster beheimatete Feldzeugkommando VI ließ in der Stadt vermutlich 1936 das Heeres-Nebenzeugamt Osnabrück aufstellen. Aufgabe der Dienststelle war die Verwaltung und Betreuung von inaktiven Geräteeinheiten. Auch hierfür ist Munition zu deponieren gewesen. Somit entstand aus der Munitionsniederlage die Heeres-Nebenmunitionsanstalt Osnabrück. In dem Objekt dürften wahrscheinlich weiterhin auch die Kampfmittel für die aktiven Verbände bevorratet worden sein.
Soweit erkennbar, entstand unmittelbar südlich an die HNMa anschließend ein Gerätelager, in dem Ausstattung und Geräte der mobilmachungsabhängigen Truppen aufbewahrt wurde. Dazu hat man mehrere größere Lagerhallen aufgebaut.
Die Nebenmuna zeigt auf historischen Luftbildern ein ungewöhnliches Bild. Alle Bauten, einschließlich derer für die Munitionslagerung, stehen ohne jegliche Tarnung frei auf der Fläche. Erkennbar sind 7 erdüberdeckte Bunker der Bauart kleines Munitionshaus. Diese verfügten über eine Lagerfläche von 50 m² und hatten einen einzelnen Eingang. Die Erdüberdeckung ist grundsätzlich aufgeschüttet worden, um sie zur Tarnung zu bepflanzen. Dies unterblieb hier erstaunlicherweise.
Man kann 13 weitere Häuser erkennen, die mit einer Größe von ungefähr 50 m² ebenfalls in die Kategorie kleines Munitionshaus fallen, hier allerdings in ungeschützter Bauweise. Ein größerer Packmittelschuppen stand am Nordrand der Liegenschaft. Außerdem ergänzten 5 weitere Bauwerke das Objekt. Dazu kommen mindestens 13 kleine mit Holz gezimmerte Munitionsbehälter. Innerhalb der Nebenmuna ist kein eigenes Wachgebäude zu sehen. Demnach erfolgte die Einfahrt in das südlich angrenzende Gerätelager und in die nördliche HNMa durch ein gemeinsames Tor am Südrand der gesamten Liegenschaft mit dortiger Wache. Die komplette Anlage dehnte sich über knapp 6 ha aus, wovon 4 ha auf die HNMa entfielen.
Die meisten Heeres-Nebenmunitionsanstalten blieben bis zum Ende des II. Weltkrieges unverändert in der Nutzung. Man hatte allerdings in der zweiten Hälfte des Krieges in der Feldzeugtruppe einzelne Reduzierungen durchgeführt. Als Folge dieser Maßnahmen kam es zur Auflösung der Dienststellen HNZa Osnabrück und auch der HNMa Osnabrück. Im Anschriftenverzeichnis der Feldzeugdienststellen vom 1. Juli 1944 werden beide nicht mehr erwähnt. In welcher Form die Liegenschaft anschließend genutzt wurde, ist nicht überliefert.
Am 4. April 1945 marschierten Verbände der britischen 11th Armoured Division in die Stadt Osnabrück ein und beendeten den Krieg für die Gegend.
Ab 1945:
Nach dem Krieg stand die Demilitarisierung der HNMa Osnabrück und der benachbarten Objekte an. Die Erdüberdeckung der Munitionsbunker ist dabei entfernt worden, einzelne hat man abgerissen. Einige Bunker und alle weiteren Gebäude blieben bis mindestens in die 1960er Jahre stehen. Nach Entfestigungen und einbringen von neuen Öffnungen für Fenster und Türen, konnten die Bauwerke zunächst als Notunterkünfte dienen. Auch erste gewerbliche Betriebe siedelten sich hier an.
Das gesamte früher vom Militär genutzte Gebiet mit Schießständen, Gerätelager und Nebenmuna erfuhr seit den 1950er Jahren schrittweise eine grundlegende Umgestaltung. Ein neues Gewerbegebiet entstand. Dabei wurden nahezu sämtliche alten Spuren beseitigt.
Zustand:
Nach der Umwandlung des Areals zum Gewerbegebiet sind heute nur noch einzelne Bauwerke aus der Phase der militärischen Nutzung aufzufinden. Die Fotos auf dieser Seite zeigen die wenigen erhaltenen Bauten.
Zugang:
Das Gelände der früheren Nebenmuna Osnabrück ist heute als Betriebsgrundstück komplett eingezäunt und darf nicht betreten werden. |
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:

Gerätelager und Nebenmuna hatten, soweit erkennbar, eine gemeinsame Zufahrt. Die Straße führte hier geradeaus in die Liegenschaft.

Demnach müßte dieses das Wachgebäude an der Haupteinfahrt gewesen sein.

Hier beginnt links der Straße das Gelände der früheren Nebenmuna.

Historischen Luftbildern nach zu urteilen stammt dieses Bauwerk aus Zeiten der HNMa.

Auf dem Standplatz dieses Gebäudes befand sich seinerzeit ein Bau mit identischen Grundmaßen.

In Blickrichtung stand ab 1901 das Friedenspulvermagazin der Garnison Osnabrück. Der Weg führt entlang der Südgrenze des heutigen Werksgeländes.
Gerätelager:

Die größte Lagerhalle des ehemaligen Gerätelagers der Wehrmacht blieb stehen.
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