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Rubrik: Munitionsdepots / Versorgungsdepots Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Die Truppen-Munitionsniederlage Verden
 Bis 1945: 
Die offizielle Bezeichnung der hier vorgestellten Anlage lautete Truppen-Munitionsniederlage Verden. Sie befand sich knapp 3 km östlich des Stadtzentrums im Stadtwald. Das früher im weiteren Umfeld bekannte Ausflugslokal Osterkrug war nur einige hundert Meter entfernt. So wurde auch für das Munitionsdepot teilweise die Ortsangabe Osterkrug verwendet.

Die in Garnisonsorten für die Truppe geschaffene Infrastruktur nahm im Laufe der Jahrhunderte größeren Umfang an. Im 19. Jahrhundert waren neben einer Kaserne zur Unterbringung der Einheiten zumindest ein Exerzierplatz und ein Schießstand erforderlich. Die Exerzierplätze sind seinerzeit meist lediglich größere freie Flächen gewesen. Erst im 20. Jahrhundert kamen Standortübungsplätze mit natürlicher Geländegestaltung hinzu, wie sie auch heute noch von der Bundeswehr für die Ausbildung genutzt werden. Man hatte es als wünschenswert bezeichnet, die Einrichtungen möglichst nur wenige Kilometer von den Kasernen entfernt anzusiedeln. Und es sollten alle Objekte beieinander liegen. Das ließ sich allerdings nicht immer umsetzen.

Bereits ab dem 18. Jahrhundert wurden Pulvermagazine eingerichtet, in denen das Militär Patronen und Schießpulver deponieren konnte. Üblich war die Bezeichnung Friedenspulvermagazin, auf historischen topographischen Karten mit der Abkürzung FPM benannt. In diesen Objekten standen oft auch Lagermöglichkeiten für gewerbliche Betriebe zur Verfügung, die ihre vorhandenen explosiven Bestände gegen Bezahlung einlagern konnten.
Anfangs dienten in Holzbauweise errichtete größere Schuppen der Aufbewahrung. Zum Schutz des Umfeldes umgab sie ein hoher Erdwall. Waren mehrere Schuppen vorhanden, stellte man sie mit einigen hundert Metern Abstand zueinander auf. Ein sehenswertes Exemplar steht noch heute in Bremerhaven-Speckenbüttel. Beispiel für eine andere Bauweise ist das ebenfalls erhalten gebliebene FPM in Bremen-Oslebshausen. Hier wurde der Lagerbau in einen Hügel integriert und mit einer mächtigen Erdschicht abgeschirmt. Diese Auslegung zeigte bereits Parallelen zu den wesentlich später konstruierten erdüberdeckten Munitionsbunkern.
Spätestens ab den 1920er Jahren sind neue Munitionsdepots aufgebaut worden, die die Zunahme der gelagerten Mengen und der angestiegenen Explosionskraft berücksichtigten. Wie oben bereits genannt, sollten Munition und Schießstände möglichst beieinander liegen. Das führte an vielen Stellen zu einer gemeinsam umzäunten Liegenschaft, die innen mit einer weiteren Abzäunung auf die zwei Bereiche aufgeteilt wurde.
Im Munitionsdepot hat man zur Einlagerung der Kampfmittel Munitionshäuser (MH) in massiver Bauweise errichtet. In Summe gab es in diesen Depots üblicherweise nicht mehr als 10 MH. Sie erhielten als zusätzlichen Schutz eine Erdüberdeckung, welche zur Tarnung gegen feindliche Luftaufklärung bepflanzt wurde. Es entstanden überwiegend Bunker in standardisierter Bauform. Der Typ „Kleines Munitionshaus“ wies innen eine Lagerfläche von rund 50 m² auf. Beim Typ „Großes Munitionshaus“ waren es rund 200 m². Ergänzend kamen für die Patronen von Handfeuerwaffen freistehende kleine hölzerne Munitionsbehälter hinzu. Abgesehen davon gab es mehrere Munitionslager, in denen Munitionshäuser in gemauerter Bauweise ohne Erdüberdeckung standen.
Die so geschaffenen Munitionsdepots erhielten die offizielle Bezeichnung Truppen-Munitionsniederlage, teils Muni abgekürzt, offiziell TrMunNdlg. Diese sind eng verwandt mit den Heeres-Nebenmunitionsanstalten des „Typs b“. Die meisten HNMa Typ b entstanden durch Umwandlungen von TrMunNdlg. Hauptaufgabe von Truppen-Munitionsniederlagen war die Deponierung von Kampfmitteln für die im Umfeld stationierten aktiven Einheiten des Heeres. In HNMa Typ b erfolgte gleiches, allerdings mit Schwerpunkt auf die Bereithaltung von Munition für die im weiteren Umfeld eingelagerten inaktiven Heeresverbände. Also Einheiten, die erst im Mobilmachungsfall oder zu Reserveübungen zusammentraten.

In der Stadt Verden hatte die Stationierung des Militärs eine lange Geschichte. Eine erste kleine Kaserne stand schon seit dem 18. Jahrhundert am Nikolaiwall, nach ihrem Erbauer „von Ramdohr-Kaserne“ genannt. Die Unterbringungskapazitäten dieses nur aus einem Block bestehenden Objektes reichten jedoch nicht lange aus.
Im 19. Jahrhundert wuchs die Garnison deutlich an. Ab 1828 ist nahe dem heutigen Bahnhof die größere „Holzmarkt-Kaserne“ errichtet worden, sie erhielt 1938 den Namen Gibraltar-Kaserne. Als nächstes folgte ab 1893 östlich außerhalb des Stadtgebietes die „Lindhoop-Kaserne“. Diese bestand überwiegend aus gemauerten Baracken. Ab 1938 trug sie den Namen Dettingen-Kaserne.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten kamen im Rahmen der allgemeinen Aufrüstung in den 1930er Jahren zwei weitere Kasernen dazu. In sehr kurzer Bauzeit ist 1936 die „Brunnenweg-Kaserne“ entstanden. Ab 1938 hieß sie Nampcel-Kaserne. Zur gleichen Zeit hat man die Dettingen-Kaserne erweitert und unmittelbar östlich angrenzend kam die Kolberg-Kaserne hinzu. Sie konnte 1937 bezogen werden.

Mit der steigenden Bedeutung der Garnison wurden natürlich auch entsprechende Einrichtungen für die Ausbildung der Truppe erforderlich. Schon im 19. Jahrhundert sind mehrere Exerzierplätze angelegt worden. Der größte lag außerhalb der Stadt, auf halber Strecke zwischen Verden und Kirchlinteln. Heute befinden sich Autobahn A27 und die Ausfahrt Verden-Ost auf dem Gelände. Später erfolgte ausgehend von diesem Objekt die Anlage eines weitläufigen Standortübungsplatzes. Er erstreckte sich mehr als 3 km weiter Richtung Osten. Seit 1932 steht auf dem ehemaligen StOÜbPl am Westrand das Lindhoop-Denkmal, welches an Gefallene des I. Weltkrieges erinnern soll.
Die ebenfalls für die Ausbildung erforderlichen Schießstände hat man zwischen Stadt und Exerzierplatz beim Dorf Borstel eingerichtet. So konzentrierten sich im Laufe der Zeit die militärischen Liegenschaften von Verden östlich der Stadt.

Nach zwei Vorgängern innerhalb der damaligen Stadtgrenze, ist nach 1887 außerhalb ein neues Depot für Explosivstoff geschaffen worden. Es stand mit einigen hundert Metern Abstand schräg gegenüber der Lindhoop-Kaserne. Auf historischen topographischen Karten ist ermittelbar, daß es aus einem einzelnen Schuppen bestand, der mit einem Erdwall abgeschirmt wurde. Am Ort des Objektes befindet sich heute das Gelände der Verdener Pferderennbahn.
Die Kapazität des Lagers reichte jedoch schon bald nicht mehr aus. Eine zunächst angedachte Vergrößerung hat man verworfen. Statt dessen entstand eine neue Anlage. Als geeigneter Standort wurde eine abseits gelegene Fläche im Stadtwald ausgewählt, die das Militär anpachtete. Im Umfeld befand sich an der Lindhooper Straße das Ausflugslokal Osterkrug. Von dort waren es 500 m bis zum Depot. Von der Straße führte ein Weg auf das Objekt zu. Das Gebäude für die Wachmannschaft ist an dieser Zuwegung gebaut worden, zum Schutz des Personals mit rund 300 m Abstand zur Lagerfläche mit den Kampfmitteln.
Über den Zeitpunkt des Aufbaues gibt es zwei verschiedene Angaben. Auf der heute vor Ort stehenden Informationstafel wird das Jahr 1900 genannt. In der Chronik der Verdener Garnison ist dagegen ein Zeitungsartikel vom 15. Mai 1909 zitiert, der die Verlegung ankündigt.
Zu Beginn hatte man auf der Liegenschaft fünf Bauten errichtet. Die zwei größten hatten eine Grundfläche von 28x12 m. Sie bekamen eine Abschirmung durch 5 m hohe Erdwälle. Die Einlagerung von 4.000 kg Schwarzpulver, Geschossen, Zündern und Patronen ist genannt worden. Das Gelände erhielt eine Einzäunung mit 2,5 m hohem Drahtzaun.
Bereits 1914 erfolgte ein Ausbau mit weiteren Lagerschuppen. Insbesondere mit dem Anwachsen der Garnison in den Jahren vor dem II. Weltkrieg waren erneut zusätzliche Schuppen zu errichten. Während in anderen vergleichbaren Objekten ab den 1930er Jahren Munitionsbunker mit Erdüberdeckung gebaut wurden, blieb es in Verden bei den ungeschützten freistehenden Munitionshäusern. Schließlich standen mehr als zehn Bauten auf dem Areal.

Über Ereignisse im Munitionslager während des Krieges liegen keine Angaben vor. Am 17. April 1945 kämpften sich Verbände der Britischen 71st Infantry Brigade der 53rd (Welsh) Division bis nach Verden vor und beendeten den Krieg für die Stadt. Die Truppen-Munitionsniederlage, wie auch die meisten anderen militärischen Liegenschaften, kamen weitgehend unbeschadet über das Kriegsende.

 Ab 1945: 
Nach Ende des Krieges verwendeten die Alliierten die deutschen Kasernen zunächst als Sammellager. In der Gibraltar- und der Dettingen-/Kolberg-Kaserne wurden Displaced Persons untergebracht. In der Nampcel-Kaserne quartierte man polnische Offiziere ein, die zuvor aus dem Stalag X B, Sandbostel befreit worden sind.
Schon ab 1948 gab es in den Kasernen dauerhafte Stationierungen von Verbänden der British Army. Die Garnison wurde zum Sitz des Stabes einer Division der Briten. Deren Bezeichnung wechselte anfangs, allerdings ist nur der Name verändert worden, die Truppe blieb stets die gleiche.
Im März 1949 wurde das Hauptquartier der 7th Armoured Division in der Nampcel-Kaserne am Brunnenweg untergebracht. Das Objekt bekam von den Briten nun den Namen Sheil-Barracks. Die Dettingen- und die Kolberg-Kaserne an der Lindhooper Straße sind unter dem neuen Namen Caithness-Barracks zusammengefaßt worden. Darin quartierte man das Signal Regiment der Division ein. Im April 1958 erhielt die Division die Bezeichnung 5th Armoured Division. Doch schon im Juni 1960 änderte sich der Name erneut. Nun hieß der Großverband 1st Armoured Division. Bis zum Abzug der Britischen Streitkräfte aus Verden im Jahre 1993 sollte sich daran nichts mehr ändern.

Aus der Truppen-Munitionsniederlage mußten nach Kriegsende zunächst eingelagerte Bestände abtransportiert werden. Da keine Bunker auf dem Gelände standen, waren Sprengungen für eine Demilitarisierung nicht erforderlich. Zur Linderung der Wohnungsnot, nach dem Zuzug zahlreicher Vertriebener aus den ehemals deutschen Ostgebieten, wollte man die Bauten in dem Objekt zu provisorischem Wohnraum umwandeln. So wurden in den Lagerschuppen und Betriebsgebäuden pro Bauwerk mehrere Wohnungen eingerichtet. Schließlich lebten 26 Familien in der „Flüchtlingssiedlung am Heideweg“.
Die Lebensverhältnisse waren sehr schlicht. In den Gebäuden gab es keine Sanitäranlagen. Die Beheizung konnte nur durch herangeschaffte Öfen erfolgen. Für die Versorgung mit Wasser standen eine, später zwei Handpumpen zur Verfügung. Wie seinerzeit üblich, versuchten die Bewohner sich mit Nutzgärten und Kleinviehhaltung selbst zu versorgen. Ein kleiner Lebensmittelladen wurde in der Siedlung betrieben.
In der gesamten Bundesrepublik gab es solche Provisorien. Es lief bis in die 1960er Jahre ein Baracken-Räumprogramm, mit dem betroffene Bewohner in dauerhaften Wohnraum umgesiedelt werden sollten. So konnten die letzten Einwohner die Flüchtlingssiedlung 1965 verlassen. Im folgenden Jahr hat man alle Bauten abgerissen. Danach wurde das Areal neu aufgeforstet. So bekam die ehemals militärische Liegenschaft ihr heutiges Aussehen, bei dem nichts mehr an die vergangene Nutzung erinnert.

 Zustand: 
Es lassen sich heute vor Ort keine Spuren der früheren Truppen-Munitionsniederlage Verden mehr finden. Lediglich eine Informationstafeln mit Angaben über die Nachkriegsnutzung als Flüchtlingssiedlung steht am Rand des Geländes.

 Zugang: 
Der Bereich der früheren Munitionsniederlage ist als Naherholungsgebiet frei zugänglich.
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Gelände
Das Gelände der TrMunNdlg begann hinter Schutzhütte und Informationstafel.

Infotafel
Auf der Tafel findet man einige Angaben über die Nachkriegsnutzung der Anlage als Flüchtlingssiedlung.

Weg
Blick entlang des Weges, der früher durch die Munitionsniederlage führte.

Abzweigung
Am hinteren Ende Abzweigungen.

Freifläche
Das Areal ist überwiegend bewaldet, nur am südlichen Rand gibt es eine Freifläche.

Erdhaufen
Ein Erdhaufen im Zentrum der Liegenschaft ist die einzige erkennbare Bodenstruktur.

Betonrest
Ein Betonrest. Es ist nicht möglich festzustellen, aus welcher Epoche er stammt.

Die Schießstände Borstel werden auf einer separaten Seite dargestellt.
Blau am rechten Rand: Die Grenze des Standortübungsplatzes Kirchlinteln.
Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Jürgen Siemers: Die Stadt Verden (Aller) - Eine Garnisonsstadt mit Tradition
- BAOR-Locations: Verden-Garrison
 
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