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Rubrik: Flugplätze Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Der Land- und Seefliegerhorst Bad Zwischenahn
 Bis 1945: 
Der Flugplatz beim Bad Zwischenahner Ortsteil Rostrup galt als eine der modernsten Anlagen im II. Weltkrieg. Der Baubeginn für den zunächst zivilen kombinierten See- und Landflugstützpunkt am Ufer des Binnensees war im Jahre 1936. Auf dem Landteil entstand zunächst eine 800 m Grasbahn. Erster Verband auf dem Horst war ab Herbst 1937 der Luftdienstverband I, dessen Aufgaben, unter der Leitung des zivilen Reichsluftfahrtministeriums, hauptsächlich aus Dienstleistungen für das Militär bestand. Ausgerüstet mit Wasser-, Land und kombinierten Land-/Wasserflugzeugen flog der Verband Zieldarstellungen für Schießübungen.
Im April 1939 übernahm die Luftwaffe die Anlage, der vorhandene Verband wurde als Luftdienstkommando ebenfalls der Luftwaffe einverleibt. Es begann eine umfangreiche Ausdehnung des Platzes nach Nordwesten, bei der auch drei asphaltierte Startbahnen als Triangel angelegt wurden; bei ihrer Fertigstellung 1940 eine sehr fortschrittliche Einrichtung. Die längste Startbahn maß 1.400 m bei 90 m Breite. Südlich des eigentlichen Fliegerhorstes am Ufer des Binnensees entstand der E-Hafen (See) mit Anlegeplätzen für Wasserflugzeuge. Die Gesamtanlage wurde offiziell als „Seefliegerhorst Zwischenahn“ bezeichnet, der Deckname war „Adlerhorst“.
In der Frühphase des II. Weltkrieges gab es Stationierungen von verschiedenen Einsatzverbänden. Am 10.5.1940 startete vom E-Hafen (See) aus eine Verband mit Heinkel He 59 Wasserflugzeugen, die an Bord eine Infanteriekompanie und Pioniere hatten. Sie landeten in Rotterdam auf den Neuen Maas um eine Brücke zu besetzten - der Beginn des Westfeldzuges. Juni/Juli 1940 lag die III. Gruppe des Kampfgeschwaders 4 „General Wever“ auf dem Platz, sie flog mit Junkers Ju 88-Bombern Angriffe auf Großbritannien.
Während der folgenden Zeit war der Fliegerhorst trotz seiner modernen Ausführung meist nur schwach belegt. Am 27. Januar 1941 traf, vom Fliegerhorst Oldenburg kommend, die Wettererkundungsstaffel 1 in Zwischenahn ein, die direkt dem obersten Befehlshaber der Luftwaffe unterstand und täglich Flüge zur Feststellung der Großwetterlage über Nordsee und Nordatlantik flog. Sie wurde Stammverband des Horstes und blieb bis zum Kriegsende stationiert. 1943/44 befanden sich Gruppen der Kampfgeschwader 30 und 40 mit Ju 88 in Zwischenahn.
Eine herausragende Funktion, begann im Spätsommer 1943. Wegen der Bombardierungen der Forschungseinrichtungen von Peenemünde verlegte das Erprobungskommando 16 auf den Fliegerhorst Bad Zwischenahn. Es führte die Erprobung des Raketenjägers Messerschmitt Me 163 Komet durch. Dieses Luftfahrzeug mit Raketenantrieb war das schnellste Flugzeug seiner Zeit und stellte mit 1004 km/h einen Geschwindigkeitsrekord auf, der die Luftfahrt an die Grenze der Schallmauer brachte. Zunächst wurde die Ausführung A geflogen, sie war die Erprobungsversion, Januar 1944 folge die Einsatzversion Me 163B. Das EK 16 in Zwischenahn wurde im Oktober 1944 in das Jagdgeschwader 400 eingegliedert und nach Brandis/Sachsen verlegt.
Nachfolger auf dem Platz war eine Staffel der I./Kampfgeschwader 53, wieder mit einer Spezialaufgabe. Da die Startplätze für die V 1 durch das Vorrücken der Alliierten im Westen mehr und mehr verloren gingen, entschloß sich die Luftwaffe, die Flugkörper von Flugzeugen über der Nordsee abzufeuern. Dazu verwendete man He 111-Bomber, bei denen eine V 1 unter der Tragfläche montiert wurde. Der letzte dieser Einsätze von Zwischenahn fand am 14. Januar 1945 statt.
Der Flugplatz mußte insgesamt vier Bombenangriffe über sich ergehen lassen. Bereits beim Angriff vom 15.8.44 gab es starke Zerstörungen an den Einrichtungen, nach dem letzten vom 24.3.45 ist die Anlage vollkommen unbrauchbar geworden. Am 1. Mai 1945 besetzten kanadische Truppen den Fliegerhorst.

 Ab 1945: 
Die Alliierten verfügten, daß zwei der Startbahnen und alle Hallen außer Nummer 3 abzureißen waren. Die verbliebene seeseitige Startbahn wurde repariert und die Kanadier nutzten vorübergehend die Anlage weiter als Fliegerhorst mit Douglas C-47 Dakota Transportmaschinen. 1946 lösten die Briten ihre Vorgänger ab. Sie errichteten von 1952-54 auf dem früheren Flugbetriebs-Areal ein 150 Betten-Lazarett, das „RAF-Hospital Rostrup“. Die Royal Air Force übergab am 22.9.1958 die Einrichtung an die Bundeswehr. Diese stellte sie am 18.6.59 als „Bundeswehr-Lazarett Bad Zwischenahn“ in Dienst und erweiterte die Kapazität schrittweise auf 200 Betten. Seit dem 1. Oktober 1970 nennt sich die Anlage „Bundeswehrkrankenhaus Bad Zwischenahn“.
Des Weiteren gibt es auf dem früheren Flugplatzgelände einen Mobilmachungsstützpunkt für Sanitätseinheiten der Bundeswehr. Auf den gesprengten früheren Startbahnen Nord und West wurde eine Schonung angepflanzt. Nördlich der früheren Nordbahn entstand das Flugfeld des örtlichen Luftsportvereins. Der restliche Bereich ist seit einigen Jahren als Golfplatz in der Nutzung.

 Zustand: 
Nur sehr wenige historische Gebäude sind heute noch vorhanden. Auf dem Gelände des BWK findet man vom früheren Gebäude der Feuerwehr und Kfz-Bereitschaft noch das Erdgeschoß. Das Vorfeld der abgerissenen Halle 1 ist heute der Patientenparkplatz. Auch das ehemalige Offiziers-Ledigenheim und das frühere Kasino sind erhalten. Weiteres findet sich außerhalb des BWK, die Platzringstraße ist noch vorhanden, allerdings nur noch mit einem Drittel ihrer ursprünglichen Breite. Weitere Objekte zeigen die Fotos.

 Zugang: 
Fast alle Bereiche des ehemaligen Fliegerhorstes sind als abgegrenzte Grundstücke nicht direkt zugänglich, können aber von diversen Wegen aus eingesehen werden.

 Hinweis: 
Es gibt eine interessante Seite über den Einsatz des Me 163 Komet in Bad Zwischenahn:
https://robdebie.home.xs4all.nl/me163/airfield01.htm

Über den Flugplatz Bad Zwischenahn ist ein detailliertes Buch erschienen:
Titel: Chronik des Flugplatzes Zwischenahn
Autor: Johannes Reinike
Verlag: Plois Verlag
ISBN: 3-9802558-6-7

Für alle Flugplätze gilt:
Über die Flughäfen der Luftwaffe ist ein Buch mit zahlreichen zeitgenössischen Standort-Skizzen erschienen:
Titel: Fliegerhorste
Autoren: Karl Ries und Wolfgang Dierich
Verlag: Motorbuch
ISBN: 3-613-01486-6
In diesem Buch ist vom Flugplatz Bad Zwischenahn eine Skizze enthalten!
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Flugfeld
Land: das Flugfeld heute, die Schonung im Hintergrund wurde auf der West-Startbahn angepflanzt.

Bootsanleger
See: am Ort der früheren Ablaufbahn befindet sich heute ein Bootsanleger des BWK.

Feuerwehr
Früheres Gebäude der Feuerwehr und Kfz-Bereitschaft, im nicht mehr vorhandenen Obergeschoß war die Wetterwarte.

Offizierskasino
Das Offizierskasino des Fliegerhorstes am Ufer des Sees, war zeitweilig Sitz eines Torfforschungsinstitutes.

Bunker
Bunker nordöstlich des Flugfeldes

Innen
Gewölbe im Inneren

Zugang
Zugang zu einem weiteren Bunker

Übungsanlage
Dieser Bunker ist heute Übungsanlage der Feuerwehren

Treibstofftanks
Links dieser Fläche befanden sich früher fünf Spezial-Treibstofftanks für die Me 163

Krankenhaus
Die Nachkriegsbauten des Krankenhauses

Dunkelgrau: die befestigten Start- und Rollbahnen sowie Abstellplätze, sie existieren heute nicht mehr.
Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Karl Ries, Wolfgang Dierich: Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Luftwaffe
- Johannes Reinike: Chronik des Flugplatzes Zwischenahn
 
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