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Rubrik: Schießplätze / Übungsplätze Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Der Truppenübungsplatz Bergen
 Bis 1945: 
Schon im 19. Jahrhundert nutzte die Königlich-Hannoversche Armee zwei Exerzierplätze im Gebiet des heutigen Truppenübungsplatzes Bergen, diese waren aber vergleichsweise winzig gegen die Fläche der Gegenwart - Bergen ist mit ca. 28.400 ha der größte TrÜbPl in Europa, bei einer Nord-Süd-Ausdehnung von 25 km und Ost-West von 18 km.
Im August 1934 begannen die Vorbereitungen für den Aufbau des Platzes, 1935 folgte die schrittweise Inbesitznahme der Ländereien. 24 Dörfer und Einzelsiedlungen wurden für den Platz aufgegeben und mit ihnen rund 3.650 Einwohner trotz aller Proteste umgesiedelt. Nichtsdestotrotz befinden sich auch heute noch zivile Gehöfte und Ortschaften innerhalb des Areals. Am 4. Mai 1936 konnten in einzelnen Abschnitten bereits Schießübungen durchgeführt werden, ab 1. August 1938 wurde die gesamte seinerzeit eingerichtete Fläche für Übungen in Betrieb genommen. Bis 1940 dehnte sich die Anlage weiter Richtung Westen aus, die Autobahn A 7 wurde zeitgleich entlang der Westgrenze des TrÜbPl gebaut, die Wehrmacht hatte diese Trassenführung gegen die Organisation Todt durchgesetzt.
Auf dem weitläufigen Gelände entstanden diverse Schießbahnen, die damaligen Bahnen I - VI gingen 1936 in Betrieb, VII - X folgten 1939, XI 1941, und schließlich im Jahre 1944 die Bahn XII. Diese Schießbahnen waren unterschiedlich ausgelegt, II - V waren als Infanterieschießbahnen konzipiert, III dabei zusätzlich für Fliegerabwehrschießen und V zusätzlich für Artillerieschießen. Die weiteren Bahnen, also die Mehrzahl, sind für das Schießen mit Panzerkampfwagen genutzt worden. Auf den einzelnen Bahnen sind Zielbedienungsanlagen in Bunkern entstanden, teilweise wurden die Ziele daraus über Dieselmotoren bewegt. Die stärksten Bedienungsbunker der Klasse III waren sicher gegen Beschuß aus 15 cm-Kanonen bzw. 21 cm-Mörsern.
Zwei große Truppenunterkünfte für jeweils 15.000 Soldaten wurden am Rand innerhalb der Platzgrenzen erbaut.
Am Ostrand entstand in den Jahren 1935 bis 1938 bei der Ortschaft Belsen der seinerzeit Ostlager genannte Komplex. Errichtet wurden hier rund 100 Kasernengebäude, 50 Pferdestallungen und 40 Großgaragen. Dazu kamen noch ein Lazarett, Depotanlagen und der Scheibenhof in dem Ziele für den Schießbetrieb hergestellt werden. Südlich an die Kasernen schloß sich eine Heeres-Nebenmunitionsanstalt für Infanteriemunition an. Die ersten Einheiten bezogen am 4. Mai 1936 ihre neuen Unterkünfte. Am 1. März 1944 verlegte die Panzertruppenschule von Wünstorf (Brandenburg) in das Ostlager, die Bezeichnung wechselte zu „Panzertruppenschule I Bergen“. Wegen der näherrückenden Front in Ungarn zog im Februar 1945 auch die Ungarische Panzertruppenschule hierher, sie wurde der deutschen Schule angegliedert.
Die Arbeiter, die das Ostlager bauten, wurden im Barackenlager „Heeres-Neubau-Material- und Arbeitslager“ südlich der Baustelle untergebracht. 1938 zogen sie ab, das Lager diente danach als Waffendepot, bis 1940 die Verwendung als Stalag XI C Bergen-Belsen folgte, später wurde daraus das berüchtigte Konzentrationslager.
Am Westrand, bei der Ortschaft Oerbke ist ab 1.4.1937 bis ins Jahr 1942 das Westlager errichtet worden. Auch hier entstanden zahlreiche Kasernengebäude, Pferdestallungen, Fahrzeughallen und Depoteinrichtungen. Ebenfalls ist hier für die zum Bau der Kasernen eingesetzten Arbeiter ein Lager eingerichtet worden. 1936/37 sind dazu am Nordostrand des Westlagers 32 Baracken auf massiven Fundamenten entstanden, sie waren für eine spätere Verwendung als Behelfsunterkünfte für Truppen geplant. Ab Beginn des II. Weltkrieges verwendete die Wehrmacht dieses Lager jedoch als Stalag XI B Fallingbostel. 1941 wurde in direkter Nachbarschaft zusätzlich das Stalag XI D Oerbke eingerichtet.

 Ab 1945: 
Am 15. April 1945 übernahmen die Briten die Anlage und nutzen zunächst nur den Ostbereich weiterhin militärisch als „Royal Armoured Corps Training Centre“. Die britische Kommandantur zog zunächst in ein Barackenlager, welches heute von der Schießbahn 6 verdrängt ist. Erst 1946 konnte sie in das Ostlager verlegen, da dort Bereiche frei wurden, die vorher Überlebende des KZ Bergen-Belsen belegt hatten. Der ungenutzte Südwestbereich des Truppenübungsplatzes wurde zur Besiedlung durch Flüchtlinge freigegeben. Diese Siedler sahen aber bereits ab 1947 wieder, wegen neuer Expansionspläne der Militärs, einer erneuten Umsiedlung entgegen. Bis 1952 dehnte sich der Truppenübungsplatz noch deutlich über die Grenzen der Wehrmacht aus und erreichte seine heutige Größe. Planungen der Zeit gingen sogar dahin, die Plätze Bergen und Munster-Süd zu verbinden. Die Bundesregierung unterstützte seinerzeit dieses Vorhaben, da sie eine Entlastung der von den Briten teilweise im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide angelegten „Soltau-Lüneburg Training Area“ (SLTA) erhoffte. Letztlich kam es aber nicht zu dieser Verbindung der hiesigen Schießplätze.
Im Jahre 1957 übte das erste Mal die Bundeswehr auf dem Platz, sie unterhielt ein Verbindungskommando bei der britischen Kommandantur. Am 1.4.1958 übergab schließlich die British Army den Truppenübungsplatz an die Bundeswehr, danach führte er die Bezeichnung „NATO-Schießplatz Bergen-Hohne“. Dieser Name zeigt bereits, daß die Belegung der Übungsflächen nicht durch die Bundeswehr sondern durch die NATO durchgeführt wird, genauer gesagt, durch die Northern Army Group (NORTHAG). Daraus ergibt sich, daß die Hauptnutzerstaaten ebenfalls in der NORTHAG vertretene Länder sind: Deutschland, Großbritannien, Niederlande und Belgien, bis zum Abzug der US Army aus Garlstedt auch deren dortige Brigade. Dagegen steht der Südbereich des Areals, das Ostenholzer Moor mit seinen Infanterieschießbahnen, in der Verfügungsgewalt des Bundesverteidigungsministeriums.
Zwischen 1958 und 1960 richtete die Truppenübungsplatzkommandantur diverse Biwakplätze und befestigte Versorgungspunkte an den Rändern des Platzes ein, sie wurden mit Namen von Orten aus ehemals deutschen Ostgebieten versehen. Die aufgegebenen Ortschaften und Gehöfte im Gebiet des Übungsplatzes sind in der Nachkriegszeit nahezu komplett geschleift worden. Lediglich einzelne Objekte, die von der Bundeswehr als Lager genutzt werden können, blieben erhalten.

Einige Daten über Kapazitäten des Platzes aus den frühen 1980er Jahren:
Beim Scharfschießen auf den Schießbahnen können gleichzeitig 2 Brigaden eingesetzt werden. Wird der Platz für Truppenübungen genutzt, kann 1 komplette Division dort üben. Auf dem Platz darf, unter Berücksichtigung der Sicherheitsräume, mit allen Waffensystemen der Bundeswehr geschossen werden, ausgenommen weitreichendere Raketensysteme. Bergen ist der einzige Platz in Deutschland, auf dem auch Aufklärungsdrohnen fliegen dürfen.
Auf dem Platz gibt es 22 Schießbahnen für Kampf- und Schützenpanzer, davon sind 9 Bahnen auch für Panzerabwehrlenkraketen geeignet. Dazu kommen 14 Artillerie-Feuerstellungen, davon 6 außerhalb der Platzgrenzen sowie 5 Schießbahnen für Gewehr/Maschinengewehr und 3 Schießbahnen für Panzerabwehr-Handwaffen. Außerdem sind diverse weitere Übungseinrichtungen wie Fliegerabwehranlage, Übungsdorf und Tiefwatanlage vorhanden. Insgesamt verbinden rund 240 km befestigte Straße die Bereiche.
Für die Unterbringung der übenden Verbände sind befestigte Lager in unterschiedlicher Ausstattung eingerichtet. Das „NATO-Lager Oerbke“ und das „Lager Hohne“ bestehen aus Kasernengebäuden der 1930er Jahre. Im „Lager Hörsten“ sind in den 80er Jahren moderne Kasernengebäude errichteten worden. Das „Lager Ostenholz“ verfügt über diverse Schnellbau-Baracken der Nachkriegszeit. Im Lager Höllenberg werden Gebäude eines Dorfes aus vormilitärischer Zeit genutzt.
Innerhalb der Grenzen des TrÜbPl waren und sind zahlreiche NATO-Verbände ständig stationiert. Die British Army nutzt bis heute die größten Teile der Kasernen Bergen und Fallingbostel für jeweils eine Panzerbrigade und weitere Truppen. Bis 1994 war am Nordostrand des Platzes die Kaserne Langemannshof mit einem niederländischen Panzerbataillon belegt, bis zum gleichen Zeitpunkt lag ein weiteres gleichartiges Bataillon im Lager Hohne.

 Zustand: 
Durch die ununterbrochene intensive militärische Nutzung der Liegenschaft, mit fortwährender Anpassung an die Waffenentwicklung, hat sich der Platz im Laufe der Jahre ständig verändert. Spuren der früheren Nutzungszeit sind nur teilweise noch erhalten.

 Zugang: 
Der gesamte Truppenübungsplatz ist militärischer Sicherheitsbereich und darf nicht betreten werden. Lediglich einzelne Durchgangsstraßen im Südbereich stehen für den öffentlichen Verkehr zur Verfügung. Darüber hinaus ist es möglich, an Wochenenden auf einer Zufahrtstraße entlang der Schießbahn 8B zu den frühgeschichtlichen Steingräbern „Sieben Steinhäuser“ zu gelangen.

 Hinweis: 
Hier werden auf dem TrÜbPl befindliche Hartziele gezeigt:
https://www.hartziel.de/bergen/
Diese Website berichtet über die Geschichte der Kasernenanlage in Bergen-Hohne:
http://www.truppenuebungsplatzbergen.com Englisch

Über den Truppenübungsplatz Bergen existiert verschiedene Literatur, z.B.:
Titel: Regionale Friedensarbeit und Konversion, Band 6
Autoren: Olaf Mußmann
Verlag: Lit Verlag
ISBN: 3-8258-2753-4
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Schießbahn
Blick auf Schießbahn 7B mit der Basis im Vordergrund

Hartziel
Ein Kampfpanzer T-72 als Hartziel auf Schießbahn 8B

Versorgungspunkt
Versorgungspunkt „Rominten“, im Hintergrund rechts Gebäude des Lagers Höllenberg

Ortsschild
Aufgehobene Ortschaften sind mit einem „ehemals“-Ortsschild versehen

Verladerampe
Große Eisenbahn-Verladerampe in „Bergen-Lagerbahnhof“

Erdbunker
Erdbunker beim Scheibenhoflager Bergen

MB 29
Im Lager Hohne sind die Gebäudebezeichnungen der 1930er Jahre beibehalten worden, hier MB 29 = Mannschaftsblock.

MB 63
Im Lager Oerbke das gleiche, hier Mannschaftsblock MB 63.

WB 14
Wirtschaftsblock (WB) 14, eine Kantine.

MB 71
Mannschaftsblock 71 steht leer, erkennbar ist ein Brandschaden im Dachstuhl, dem Bewuchs nach zu urteilen schon vor langer Zeit geschehen.

Verpflegungslager
Typische Gebäude eines Wehrmachts-Verpflegungslagers beim Lager Oerbke

Der TrÜbPl Bergen in seinen heutigen Grenzen, eingezeichnet und numeriert sind die Schießbahnen:
dunkelgrau (I-XII) = Stand 1941;
dunkelblau (1A-105) = Stand 1983, dazu außerhalb der Platzgrenzen in dunkelblau die Artillerie-Außenfeuerstellungen (2-7).
Rot: Kasernen und Lager für übende Truppen.
Grau gezeichnete Straßen sind für den öffentlichen Verkehr freigegeben, orange gesperrt.

Karte Stalag XI C / KZ Bergen-Belsen Stalag XI D Oerbke Stalag XI B Fallingbostel
Die drei roten Punkte enthalten Links auf die Seiten über die dortigen Stalag bzw. KZ

Quellenangabe:
- Olaf Mußmann: Geschichte des Truppenübungsplatzes Bergen
- Bundeswehr Bergen: 25 Jahre Truppenübungsplatz Bergen
- L. Delsing
 
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