Bis 1945:
Die offizielle Bezeichnung der hier vorgestellten Anlage lautete Heeres-Nebenmunitionsanstalt Bergen. Die Liegenschaft befindet sich gut 700 m südlich der großen Kasernenanlage am Ostrand des Truppenübungsplatzes Bergen. Gebräuchlich war die Kurzbezeichnung Nebenmuna oder Muna Bergen.
Über Nebenmunitionsanstalten liegen eher wenige Angaben vor. Oftmals ist vor Ort nicht bekannt, daß dortige Munitionsdepots in diese Kategorie fallen. Heeres-Nebenmunitionsanstalten sind Dienststellen der Feldzeugtruppe des Heeres der Wehrmacht gewesen. Aufgabe der Feldzeugtruppe war die Bereitstellung von Ausstattung und Nachschub für die zugeordneten Verbände und Einheiten. Die Aufstellung dieser Dienststellen erfolgte im Rahmen der allgemeinen Aufrüstung des III. Reiches ab 1934.
Jedem Wehrkreiskommando unterstand ein Feldzeugkommando. Diesem nachgeordnet gab es ein Heeres-Zeugamt (HZa), in einigen Fällen auch derer zwei. Auf der nächsten Hierarchiestufe standen mehrere Heeres-Nebenzeugämter (HNZa). Fast jedem HZa und HNZa war eine recht kleine Heeres-Nebenmunitionsanstalt (HNMa) angegliedert, in dieser Konstellation intern bezeichnet als „Typ b“.
Es gab aber auch eigenständige größere Nebenmuna mit besonderen Aufgaben, die direkt den Feldzeugkommandos unterstanden, interne Bezeichnung: „Typ a“. In diese Kategorie fällt die HNMa Bergen. Eine Herstellung oder Befüllung von Kampfmitteln wurde in den Objekten nicht durchgeführt. Es ist ausschließlich gelagert worden.
Die Existenz der Nebenmuna Bergen ist in der Heeres-Dienstvorschrift 236 - Truppen-Übungsplatz-Vorschrift, von 1936 begründet. Darin heißt es: „Derjenige Teil der Übungsmunition, der während des Aufenthaltes auf dem Tr.Üb.Pl. benötigt wird, ist in der Munitions-(Nebenmunitions-)anstalt auf dem Tr.Üb.Pl. bereitgestellt, bei der er von den Truppen nach Anordnung der Kdtr. zu empfangen ist.“ Und: „Von der Truppe mitgebrachte Munition jeder Art ist im Allgemeinen in der Munitions-(Nebenmunitions-)anstalt abzugeben.“
Dementsprechend hatte auf allen größeren Truppenübungsplätzen eine Muna oder Nebenmuna vorhanden zu sein. Im Falle des weiter nördlich liegenden TrÜbPl Munster gab es vor Ort die Heeres-Munitionsanstalt Munster. Diese hatte zu dem Zweck nördlich des Ortes das Munitionslager Breloh eingerichtet. Beim TrÜbPl Bergen gab es keine Muna. Daher mußte hier die Heeres-Nebenmunitionsanstalt Bergen aufgebaut werden. Dieser Zuammenhang ist auch bei weiteren Übungsplätzen zu finden, zum Beispiel: Baumholder, Grafenwöhr, Heuberg, Münsingen, Ohrdruf.
Die Einrichtung des sehr großflächigen Truppenübungsplatzes Bergen begann 1935. An der Westseite bei Fallingbostel und an der Ostseite bei Bergen entstanden ausgedehnte Kasernenanlagen. Rund 1 km südlich der Bergener Kaserne ist ein Arbeitslager aufgebaut worden. Darin hat man zunächst die Kräfte untergebracht, die bei den Bauarbeiten für Kaserne und Übungsanlagen tätig waren. Auf halber Strecke zwischen Kaserne und Arbeitslager wurde in der Hörster Heide die neue Nebenmuna Bergen errichtet.
Zuständig für das Objekt war das Feldzeugkommando des Wehrkreises XI aus Hannover. Es ist eine bewaldete Fläche ausgewählt worden, die durch den Baumbestand Tarnung gegen feindliche Luftaufklärung bieten sollte. Der Aufbau begann 1936. Durch das Gelände führt heute eine breit ausgebaute Straße. Diese existierte seinerzeit noch nicht. Für die Erschließung der Nebenmuna wurde, ausgehend von der östlich verlaufenden Landesstraße, eine neue Zufahrt gebaut. Diese bildete die Hauptstrecke zum an der Ostseite der HNMa befindlichen Haupttor.
Am Eingang richtete man den administrativen Bereich ein. Hier entstanden Bauten für Wache und Verwaltung. Auch ein Wohlfahrtsgebäude mit Sozialräumen dürfte es dort gegeben haben. Richtung Westen folgt der Lagerbereich, in dem sich die Bauten für die Deponierung der Kampfmittel befanden. Die Struktur läßt vermuten, daß der Aufbau in Schritten durchgeführt worden ist. Es konnten sechs geschützte Munitionsbunker ermittelt werden. Diese hatten eine Erdüberdeckung, die zur Tarnung bepflanzt wurde. Sie waren in Standard-Bauweise in zwei Größen ausgeführt. Die Bauart kleines Munitionshaus hatte eine Nutzfläche von 50 m² und einen einzelnen Eingang. Die Bauart großes Munitionshaus verfügte über 200 m² und wies zwei Eingänge auf. Von beiden Typen gab es je drei Stück. Sie dürften zuerst errichtet worden sein.
Daneben gab es weitere Munitionshäuser in ungeschützter Bauweise. Vermutlich hat man diese als Ergänzungen aufgestellt. Unterschiedliche Größen sind auf historischen Luftbildern zu sehen. Zwei lassen sich der Kategorie großes Munitionshaus zuordnen. Diese verfügten ebenfalls über 200 m² Nutzfläche und hatten zwei Eingänge. Sie entstanden allerdings, im Gegensatz zu den Bunkern, als gemauerte Häuser, und bekamen keine Erdüberdeckung. Außerdem sind weiter westlich vier Bauten zu erkennen, die an die Munition-Schuppen erinnern, welche in den Behelfs-Munitionslagern der HNMa Schneverdingen in großer Stückzahl vorhanden waren.
Ergänzend kamen in der Nebenmuna Bergen einige größere Lagerhäuser hinzu. In Summe standen im eigentlichen Lagerbereich mindestens 17 Häuser für die Deponierung von Kampfmitteln und Zubehör. Die gesamte Liegenschaft dehnte sich über knapp 20 ha aus. Am Stichtag 1. Februar 1940 bestand die Belegschaft der HNMa aus 3 Soldaten der Unteroffizier-Laufbahn, 2 Angestellten und 24 Arbeitern.
Munition durchlief in größerer Menge die Heeres-Nebenmunitionsanstalt für die zahlreichen Ausbildungsvorhaben auf dem Truppenübungsplatz Bergen. Zur damaligen Zeit war die Eisenbahn das wichtigste Transportmittel. Ein eigener Gleisanschluß bis in das Depot existierte allerdings nicht. Das Anschriftenverzeichnis der Feldzeugdienststellen gab als zu nutzende Station den nordöstlich der Kasernen liegenden Bahnhof Bergen-Lagerbahnhof vor. Von dort mußte die Munition mit Lastkraftwagen zur Nebenmuna transportiert werden. Knapp 5 km auf der Straße sind dazu zurückzulegen gewesen.
Der Jahresbericht des Feldzeugkommandos XI nennt für das Jahr 1938 den Eingang von 225 Eisenbahnwaggons und den Versand von 90 Waggons.
Für die Deponierung von Munition entstanden auf dem TrÜbPl Bergen zwei weitere Objekte. Auf halber Strecke von Bergen nach Ostenholz befand sich seinerzeit das Dorf Lohe. Ausgehend vom Südrand des Ortes ist ein großräumig ausgelegtes Munitionslager eingerichtet worden. Auf grob geschätzt 200 ha Fläche wurden zahlreiche Munitions-Schuppen aufgestellt. Teilbereiche der Anlage erinnern deutlich an die Behelfs-Munitionslager der HNMa Schneverdingen. Vom Lagerbahnhof Bergen führte eine schmalspurige Feldbahn über 8 km Distanz bis in das Lager.
Außerdem entstand nördlich der Bergener Kasernen während der Kriegsjahre ein weiteres Depot. Es befand sich zwischen dem Scheibenhof und der Siedlung Hasselhorst im Forst Meißenwinkel. Über dessen Infrastruktur liegen nur handgefertigte Skizzen vor, die keine Aussagen über vorhandene Bauten zulassen.
Das Objekt Meißenwinkel wird als Beute-Munitionslager bezeichnet. Vermutlich ist auch das Lager Lohe für den gleichen Zweck entstanden. Die Wehrmacht hatte im II. Weltkrieg diverse Länder besetzt. Die dort aufgefundenen Munitionsbestände sind requiriert worden. Einiges davon verlegte man in das Reichsgebiet. Hier wurden zu deren Deponierung mehrere Beute-Munitionslager aufgebaut. Erkennbar eigneten sich besonders die großflächigen Truppenübungsplätze für diese Objekte. Auch auf dem weiter nördlich liegenden TrÜbPl Munster entstand bei Breloh ein Beute-Munitionslager. In diesen Anlagen erfolgte die Einlagerung unterschiedlichster Kampfmittel aller Truppengattungen. Die Spanne reichte von Infanterie-Munition, über Bomben bis zu Seeminen.
Möglich ist, daß die Depots Lohe und Meißenwinkel organisatorisch der Nebenmuna Bergen angegliedert waren. Fachlich sinnvoll wäre es auf jeden Fall. Es gibt dazu allerdings keine Belege.
Über besondere Ereignisse während der Jahre des II. Weltkrieges liegen für die Nebenmuna Bergen keine Angaben vor. Eine gravierende Veränderung ergab sich nur einen Kilometer südlich. Dort stand seit 1936 das Barackenlager für die beim Aufbau von Truppenübungsplatz, Kasernen und HNMa beschäftigten Arbeitskräfte. Nach Beendigung der Arbeiten konnte das Personal 1938 die Einrichtung räumen. Anschließend erfolgte eine Nutzung als Waffenlager. Ab 1940 hat man in der Anlage Kriegsgefangene untergebracht; mit deutlicher Erweiterung der Fläche entstand hier das Stalag XI C. Im Jahr 1943 übernahm die SS das Objekt und richtete darin das Konzentrationslager Bergen-Belsen ein. Über das Thema berichtet eine separate Seite.
Zum Kriegsende kämpften sich britische Verbände von Süden kommend Richtung Bergen vor. Die Wehrmacht wollte verhindern, daß es im Umfeld des Konzentrationslagers zu Kamphandlungen kommt. Im Lager waren als Folge der unbeschreiblich schlechten Verhältnisse inzwischen Seuchen ausgebrochen. Nach Verhandlungen beider Seiten ist am 12. April 1945 ein Abkommen geschlossen worden, das Gebiet als neutralisierte Zone auszuweisen. Diese erstreckte sich von der Ortschaft Walle Richtung Norden, bis einschließlich der Bergener Kasernenanlage. Am 15. April rückten Verbände der britischen 11th Armoured Division, wie vereinbart ohne Gegenwehr, in die Zone vor. Damit kam auch für die Nebenmuna Bergen das Ende des Krieges.
Ab 1945:
Die Briten legten ihre Prioritäten nun auf die Versorgung der im Konzentrationslager aufgefundenen Insassen. Zunächst stand die Verlegung in zumutbare Unterkünfte an. Dazu zog man die Blöcke in der Kaserne heran. Bis zum 21. Mai wurden die Baracken des KLgr geräumt. Im Mai 1945 übergaben die Briten die Betreuung der Menschen an die United Nations Relief and Rehabilitation Administration.
Die British Army wollte das Gelände des Truppenübungsplatzes weiterhin militärisch nutzen. Die Kaserne sollte schrittweise wieder vom Militär übernommen werden. Im April 1946 bezog eine erste Einheit den nördlichen Teil der Kasernenanlage. 1950 verließen die letzten Zivilisten den Komplex, nun übernahmen die Briten das Objekt vollständig.
Das britische Militär hatte nach dem Krieg die Demilitarisierung der Nebenmuna durchzuführen. Dabei sind zunächst keine Bauten abgerissen worden. In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre erfolgte ein starker Zustrom von Heimatvertriebenen aus den ehemals deutschen Ostgebieten nach Westdeutschland. Das führte hier zu einem gravierenden Mangel an Wohnraum. Man zog nun alle verfügbaren Bauten für die Unterbringung der Flüchtlinge heran.
Im Verwaltungsbereich des früheren Konzentrationslagers standen mehrere Baracken, die jetzt für die Unterbringung von Vertriebenen genutzt werden konnten. Diese Ansiedlung bekam den Namen Neu-Hohne.
Auch die Bauwerke der HNMa hat man nun zu provisorischem Wohnraum umgebaut. In die bislang überwiegend fensterlosen Bauten wurden Öffnungen für Fenster und Türen eingebracht. Fortan ist diese Siedlung passend Hohne-Muna genannt worden. Diese Unterbringung von Menschen war nur als Behelf geplant. 1949 startete ein Baracken-Räumprogramm, mit dem die Umsiedelung in reguläre Quartiere durchgeführt werden sollte. Zwischen 1953 und 1956 verließen schrittweise alle bisherigen Einwohner die Nebenmuna. Anschließend erfolgte der Abbruch sämtlicher Bauten.
Auch das Munitionslager Lohe erfuhr eine vergleichbare Umwandelung. In den dort noch stehenden Häusern des abgesiedelten Dorfes zogen 1945 britische Truppen ein. Sie hatten den Truppenübungsplatz nun für ihre Zwecke übernommen. Die Kommandantur befand sich bis ins Jahr 1947 in Lohe. Sie verlegte dann in die Bergener Kasernenanlage. Das MunLgr Lohe war inzwischen demilitarisiert. Auch hier sind Munitions-Schuppen behelfsmäßig umgebaut worden, um darin Flüchtlingen eine provisorische Behausung zu bieten. Bis Ende 1953 hatte man alle Zivilisten aus dem Ort wieder abgesiedelt. Die Bauten wurden anschließend abgerissen.
Die Verhältnisse im Beute-Munitionslager im Meißenwinkel bei Hasselhorst lagen anders. Aus unbekannten Gründen kümmerten sich die Briten hier nicht frühzeitig um den Abtransport der vorhandenen Kampfmittel. Die Fläche war weder eingezäunt, noch regelmäßig bewacht. Als Folge sind hier immer wieder Schrottsammler aktiv gewesen, und für Kinder aus Hasselhorst bot sich der Wald als Abenteuerspielplatz an. Am 26. April 1946 sollen ehemalige Fremd- oder Zwangsarbeiter einen Brand verursacht haben, der zu zahlreichen Explosionen unterschiedlicher Kampfmittel führte. Drei Tage lang waren Feuerwehren aus der Umgebung mit der Brandbekämpfung beschäftigt. Aufgrund der Gefährlichkeit der Munition galt beim Löschen größte Vorsicht. Nach Beendigung der Aktion erfolgte endlich der Abtransport der verbliebenen Kampfmittel durch die Briten.
Die weitere Entwicklung der hier behandelten Liegenschaften wurde hauptsächlich durch den ab den 1950er Jahren wieder intensiv genutzten Truppenübungsplatz Bergen gesteuert. Im Bereich der ehemaligen Nebenmuna hat man die Zufahrtstraße Richtung Hörsten verlängert und für große Militärfahrzeuge ausgebaut. Die Trasse ist heute für den Zivilverkehr freigegeben, darüber kann man von Bergen nach Meißendorf und Ostenholz fahren.
Auf der Südseite dieser Straße entstand ein Munitionslager für die in der benachbarten Kaserne stationierten Verbände der British Army. In den 1980er Jahren erfolgte ein grundlegender Ausbau des Objektes. Insgesamt 73 moderne Munitionsbunker nach britischem Standard verteilen sich seit dem auf der 11 ha messenden Fläche. Die Anlage ist als Hohne Garrison Ammunition Compound bezeichnet worden.
In den 1950er Jahren erfolgte eine deutliche Vergrößerung des Übungsplatzes nach Süden. Mehrere Schießbahnen bekamen nun eine neue Trassierung. Die dabei neu angelegte Schießbahn VI vereinnahmt nun einen großen Teil der Fläche des früheren Munitionslagers Lohe.
Das Gelände des MunLgr im Meißenwinkel liegt heute am Rand des TrÜbPl. Die Fläche wurde wieder vollständig aufgeforstet.
Die Bergener Kasernen dienten über Jahrzehnte britischen Verbänden als Unterkunft. 2015 erfolgte deren Abzug. Anschließend übernahm die Bundeswehr die Anlage, die heute den Namen Niedersachsen-Kaserne trägt. Das von den Briten früher als Standortmunitionsniederlage genutzte Depot auf einem Teil der Fläche der ehemaligen Nebenmuna bekam schon vor längerer Zeit eine neue Aufgabe. Hier können auf dem Platz übende Truppen Munition und Nachschub deponieren. Somit entspricht die heutige Verwendung des Objektes sinngemäß der Bestimmung der 1936 am gleichen Ort errichteten früheren Heeres-Nebenmunitionsanstalt.
Zustand:
Bis vermutlich in die 2000er Jahre konnte man auf der Nordseite der Durchgangsstraße mindestens eine Bodenplatte von einem Gebäude der Nebenmuna sehen. Diese wurde beseitigt, heute gibt es vor Ort keine historischen Spuren mehr.
Erstaunlicherweise können bei Lohe bis in die Gegenwart zwei Löschwasserbecken des früheren MunLgr lokalisiert werden. Das südliche dient sogar weiterhin als Wasserbecken.
Zugang:
Die Fläche der früheren Nebenmuna liegt auf dem Truppenübungsplatz Bergen, der als militärischer Sicherheitsbereich nicht betreten werden darf. Es führt allerdings die auch für Zivilverkehr freigegebene Straße von Bergen nach Ostenholz durch die Liegenschaft. |
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:

In Blickrichtung befand sich früher die Haupteinfahrt der HNMa Bergen.

Rechts die nördliche Seite der heutigen Durchgangsstraße. Hier standen seinerzeit Bauten des administrativen Bereichs.
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