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Rubrik: Munitionsdepots / Versorgungsdepots Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Die Heeres-Nebenmunitionsanstalt Hildesheim (in Borsum)
 Bis 1945: 
Die offizielle Bezeichnung der hier vorgestellten Anlage lautete Heeres-Nebenmunitionsanstalt Hildesheim. Tatsächlich befindet sich die Liegenschaft nordöstlich außerhalb der Stadt, zwischen den Ortschaften Borsum und Asel, zugehörig zur Gemeinde Harsum.
Die Ortsangabe Hildesheim ergab sich aus der Unterstellung unter das Heeres-Nebenzeugamt Hildesheim, welches seinen Sitz in der dortigen Cerny-Kaserne hatte.
Entsprechend der Örtlichkeit war die Kurzbezeichnung Nebenmuna oder Muna Borsum gebräuchlich.

Über Nebenmunitionsanstalten liegen nur wenige Angaben vor. Oftmals ist vor Ort nicht bekannt, daß dortige Munitionsdepots in diese Kategorie fallen. Heeres-Nebenmunitionsanstalten sind Dienststellen der Feldzeugtruppe des Heeres der Wehrmacht gewesen. Aufgabe der Feldzeugtruppe war die Bereitstellung von Nachschub für die zugeordneten Verbände und Einheiten. Jedem Wehrkreiskommando unterstand ein Feldzeugkommando. Diesem nachgeordnet gab es ein Heeres-Zeugamt, in einigen Fällen auch derer zwei. Auf der nächsten Hierarchiestufe standen mehrere Heeres-Nebenzeugämter. An fast jedem dieser Nebenzeugämter hing eine Heeres-Nebenmunitionsanstalt (HNMa).
Aufgabe der Nebenmuna war die Lagerung von Munition für den Bedarf des Nebenzeugamtes. Eine Herstellung oder Befüllung von Kampfmitteln wurde dort nicht durchgeführt. Die Objekte verfügten meist über recht wenige Lagerbauten auf unter 10 ha Grundfläche. Es gab aber auch eigenständige größere HNMa, die direkt den Feldzeugkommandos unterstanden.
Die Bauarten der Munitionshäuser variieren. Munitionsbunker sind weniger aufzufinden, verbreitet waren gemauerte Lagerhäuser. Auch die Deponierung in einfachen Holzschuppen ist gängig gewesen.
Auffällig ist die in fast allen Fällen fehlende Anbindung an die Eisenbahn. Zur damaligen Zeit fand der größte Teil aller Transporte auf der Schiene statt. Reguläre Munitionsanstalten hatten daher immer einen Gleisanschluß bis in die Liegenschaft. Bei den Nebenmunitionsanstalten gab es das kaum. Für den Umschlag von Munition in größerer Stückzahl war das sicherlich ein einschränkender Faktor.

Nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Macht in Deutschland ergriffen hatten, begannen sie umgehend mit der massiven militärischen Aufrüstung des Landes. In dem Zusammenhang hat man diverse Garnisonen neu aufgebaut und bestehende umfangreich ergänzt. Hildesheim war über Jahrhunderte die Heimat von Militär, über die Zeit gab es einige Unterbrechungen. So auch nach dem I. Weltkrieg.
Ab 1934 wurden mehrere Kasernen neu errichtet. Am Ostrand der Stadt gab es bereits die ältere Waterloo-Kaserne. In Nachbarschaft entstand nun die Cerny-Kaserne, an der heutigen Senator-Braun-Allee. Sie trug später den Namen Mackensen-Kaserne. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist ebenfalls neu die Ledebur-Kaserne gebaut worden. Im nordwestlichen Gebiet von Hildesheim folgte der Neubau der Gallwitz-Kaserne. Und schließlich kam auch die Luftwaffe in die Stadt, am Nordrand entstand auf großer Fläche der Fliegerhorst Hildesheim.

Zur Unterstützung der Heerestruppen mußten logistische Dienststellen und Einrichtungen geschaffen werden, die den Nachschub für die im Bereich liegenden Truppen bereitstellen sollten. Dazu ist in der Cerny-Kaserne das Heeres-Nebenzeugamt Hildesheim aufgestellt worden. Eine von mehreren Aufgaben der Dienststelle ist die Bereithaltung von Munition für die Einheiten gewesen. Eine Lagerung innerhalb der Stadtgrenzen war aus Gründen der Gefährdung nicht machbar. So wich man auf den Forst Borsumer Holz aus, um ein Depot einzurichten. Hier entstand nun ab 1936 die Heeres-Nebenmunitionsanstalt Hildesheim.
Der Wald liegt auf halber Strecke zwischen Borsum und Asel, gut 5 km nordöstlich des Stadtzentrums von Hildesheim. Die Abgrenzung der seinerzeit eingezäunten Fläche ist nicht auf Karten verzeichnet. Sie wird sich aber über weniger als 10 ha ausgedehnt haben. Auch über die Bauten in dieser Liegenschaft liegen nähere Angaben nicht vor. Es ist anhand älterer topographischer Karten erkennbar, daß nur einzelne Lagerhäuser an einer Wegschleife im Wald verteilt standen.
Der Boden der HNMa zeigt heute keine Erhebungen, die von gesprengten Munitionsbunkern zeugen würden. Demnach werden hier nur gemauerte Lagerhäuser gestanden haben, ähnlich denen, wie sie in der HNMa Hannover noch heute aufzufinden sind. Üblich sind dabei Munitionshäuser mit 50 m² und 200 m² Nutzfläche gewesen. Die Haupteinfahrt erfolgte durch ein Tor mit Wachgebäude am Nordrand, abgehend von der Kreisstraße. Daneben lag ein Bereich mit den Verwaltungs- und Betriebsgebäuden und größeren Lagerhäusern. Die weiteren Bauten folgten in südlicher Richtung.
Die oben erwähnte meist fehlende Anbindung an das Eisenbahnnetz betraf auch die Nebenmuna Borsum. Als Frachtstation für die Belieferung des Depots war der Güterbahnhof in Hildesheim vorgegeben, was einen Straßentransport über rund 6 km ergab.
In der Nähe der HNMa sollte eine weitere logistische Einrichtung entstehen. In Harsum begann am Stichkanal der Aufbau des Heeresverpflegungsamtes Hildesheim. Das Projekt blieb jedoch in einer frühen Phase stecken und ist nicht vollendet worden.

Der Betrieb der Nebenmuna wird bis zum Kriegsende weitgehend ungestört gelaufen sein, zumindest ist nichts Gegenteiliges überliefert. Am 8. April 1945 erreichten Verbände der 2nd Armored Division der US Army die Gegend. Damit endete auch für Borsum der II. Weltkrieg.

 Ab 1945: 
Da die Gegend in der britischen Besatzungszone lag, übernahm kurz nach Kriegsende die British Army vereinbarungsgemäß die Verwaltung. In der Nebenmuna Borsum mußten zunächst die militärischen Einlagerungen, insbesondere vorhandene Munitionsbestände, abtransportiert werden.
In der ersten Nachkriegszeit erfolgte ein starker Zustrom von Heimatvertriebenen aus den ehemals deutschen Ostgebieten nach Westdeutschland. Das führte hier zu einem gravierenden Mangel an Wohnraum. Man zog nun alle verfügbaren Bauten für die Unterbringung von Flüchtlingen heran. Dabei wurden schon bald auch die Häuser im hiesigen Munitionsdepot entsprechend belegt. In größeren Gebäuden konnte später eine gewerbliche Nutzung beginnen.

Das britische Militär belegte nach dem Krieg mehrere Kasernen in Hildesheim mit seinen Truppen. Sie übergaben die meisten Liegenschaften ab 1956 an die in Aufstellung befindliche Bundeswehr. Nur im früheren Fliegerhorst Hildesheim blieben Briten stationiert, von ihnen ist der Kasernenkomplex nun Tofrek Barracks genannt worden.
Die Bundeswehr baute Hildesheim zu einer großen Garnison aus. Als Teil der 1. Panzerdivision bekamen hier Verbände der Panzergrenadierbrigade 1 ihre Heimat. Die hiesigen Truppen hatten einen entsprechenden Bedarf an Lagerfläche für Munition. Die frühere Nebenmuna Borsum kam jedoch nicht mehr für eine derartige Nutzung in Frage. Statt dessen ist in der Nordwestecke des Standortübungsplatzes beim Osterberg eine große Standortmunitionsniederlage neu aufgebaut worden. In dieser StOMunNdlg 223/1 gab es 6 Munitionslagerhäuser mit 25 m² Nutzfläche und 37 MLH mit 50 m².

In der ehemaligen Nebenmunitionsanstalt Borsum waren die provisorisch hergerichteten Gebäude nur für eine vorübergehende Nutzung vorgesehen. Bauten, die von ihren Bewohnern freigezogen wurden, hat man später abgerissen. Links neben der Haupteinfahrt konnte sich noch recht lange eine Kfz-Werkstatt halten. Um 2016 erfolgte der Abriß auch dieser Bauwerke. Aktuell ist nur noch die ehemalige Wache an der rechten Seite der Einfahrt erhalten.
In östlicher Nachbarschaft befindet sich schon seit 1920 ein Sportplatz, der Ende der 1940er Jahre ausgebaut wurde. Dahinter entstand zu der Zeit ein Restaurationsbetrieb, das Lokal Jägersruh. Daneben befindet sich ein kleiner Schießstand des Schützenvereins St. Hubertus. Diese Einrichtungen standen nicht in Verbindung mit der Nebenmuna. 1967 bekam der gesamte Wald den Status eines Landschaftsschutzgebietes.

 Zustand: 
Nach der letzten Abrißaktion von Bauten der HNMa Hildesheim ist nur noch die ehemalige Wache am früheren Eingang als historisches Zeugnis erhalten. Im Wald lassen sich nur mit Mühe geringe Spuren finden. Die Fotos auf dieser Seite geben Eindruck davon.

 Zugang: 
Das Borsumer Holz ist als Naherholungsgebiet frei begehbar.
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Haupteinfahrt
Blick auf die frühere Haupteinfahrt zur HNMa Hildesheim.

Wache
Rechts der Einfahrt steht die alte Wache.

Wegenetz
Im Wald ist das alte Wegenetz der Nebenmuna teilweise noch erhalten.

Wanderwegen
Es vermischt sich mit den vorhandenen Wanderwegen.

Spuren
Nur sehr wenige Spuren der früheren Bebauung sind noch aufzufinden.

Spuren
Hier am Boden Mauersteine und Stahlelemente.

Stahl
Weiteres Element aus Stahl.

Backsteine
Backsteine zeugen von der hier früher gegebenen Bauweise.

Einfassung
Möglicherweise Steine einer Einfassung.

Randsteine
Auch hier Randsteine.

Pflastersteine
An dieser Stelle ragen noch Pflastersteine aus dem Weg.

Lichtung
Die kleine Lichtung kann der ehemalige Standort eines Munitionshauses gewesen sein.

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen
- Wehrmacht: Anschriftenverzeichnis der Feldzeugdienststellen
- https://www.ovh-online.de/2021/01/19/grossflaechige-rodung-im-landschaftsschutzgebiet/
 
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