Rubrik: Munitionsproduktion | Translation: |
Die Luftwaffen-Munitionsanstalt 3/XI Harpstedt |
Bis
1945: Die offizielle Ortsbezeichnung für die hier vorgestellte Anlage lautete auf Harpstedt. Tatsächlich lag die Muna nördlich von Dünsen, der größte Teil der Grundfläche gehört aber zu Kirchseelte und der nördliche Bereich bereits zu Groß Ippener. Komplett hieß sie Luft-Munitionsanstalt 3/XI Harpstedt. Die römische Ziffer XI steht für das Luftgaukommando XI, beheimatet in Hannover, später Hamburg. Der größte Teil des heutigen Niedersachsen gehörte zu diesem Gau. Die Anstalt sollte Munition für den Bedarf der Luftwaffe bereitstellen. Gebräuchlich waren auch die Bezeichnungen Muna Dünsen und Muna Kirchseelte. Im Forst Baßmerhoop war eine geeignete Fläche zur Einrichtung einer Munitionsanstalt zu finden. Der Wald bot Schutz vor gegnerischer Luftaufklärung. In nur 500 m Entfernung führt die Kleinbahn-Strecke Delmenhorst - Harpstedt vorbei. Damit war die seinerzeit für Aufbau und Betrieb unbedingt erforderliche Anbindung an die Eisenbahn problemlos möglich. Bereits im Jahre 1934 begannen die Arbeiten zum Aufbau der
Muna. Im Südwesten des Areals entstand der Verwaltungs- und Unterkunftsbereich.
Die Häuser wurden überwiegend in eingeschossiger Bauweise errichtet.
Nur die hinter dem Haupttor links der heutigen Waldstraße stehende Kommandantur
verfügte über zwei Geschoße. Ihr gegenüber sind Unterkunftsgebäude errichtet
worden. Richtung Norden hat man aufgelockert verteilt die weiteren Betriebsgebäude
gebaut. Darunter waren Wirtschaftsbaracke, Krankenrevier, Feuerwache,
Werkstätten, Garagen mit Tankstelle und der Lokschuppen. Sogar einen
Pferdestall gab es. Das Aufgabenspektrum der Luftmunitionsanstalt Harpstedt umfaßte hauptsächlich den Umschlag von Bomben, und Granaten für Flugabwehrkanonen. Per Eisenbahn wurde Munition angeliefert, die bereits mit Sprengstoff befüllt war. Die Bomben und Granaten sind im Arbeitsbereich mit Zündern versehen worden. Im Lagerbereich konnte ein umfangreicher Bestand deponiert werden. Auf Verlangen durch die Truppe hat man die Chargen zusammengestellt und für den Versand vorbereitet. Der Abtransport erfolgte wiederum per Eisenbahn zu den anfordernden Verbänden. Direkt vor dem Haupttor, außerhalb des Sperrgebietes, hatte
man eine kleine Muna-Siedlung aufgebaut. Hier konnte das Stammpersonal
in Führungspositionen mit dessen Familien wohnen. Weitere Häuser entstanden
im Bereich des heutigen Lindenwegs. Während des Krieges gab es, wie bei fast allen vergleichbaren
Anlagen, keine gezielten Luftangriffe auf die Muna Harpstedt. Allerdings
ist bereits im Juli 1940 ein im Bahnhof Harpstedt abgestellter Munitionszug
bei einem alliierten Fliegerangriff explodiert. Dabei kam es zu zwei
Todesfällen und größeren Schäden am Bahnhofsgebäude und weiteren Häusern
in der Umgebung. Ab 1945: Durch den massenhaften Zuzug von Vertriebenen aus den damaligen
deutschen Ostgebieten ergab sich vielerorts eine große Wohnungsnot. Zur
Abhilfe gaben die Briten ab Mitte 1946 Bauten der Muna Harpstedt für
zivile Nutzungen frei. In der ehemaligen Kommandantur und mehreren benachbarten
Unterkünften konnte ein Altersheim eingerichtet werden. In weiteren Verwaltungs-
und Betriebsgebäuden hat man Wohnungen geschaffen. Auch eine Ansiedlung
von produzierenden Unternehmen in Lager- und Arbeitshäusern wurde ermöglicht. Bemerkenswert war die von der Militärregierung 1948 erlaubte Entfestigung von Munitionsbunkern. Sie wurde hier in großem Umfang durchgeführt. Insbesondere die überwiegend in Backsteinbauweise errichteten Munitionshäuser 30 t waren dafür geeignet. Zuerst ist die Erdüberdeckung entfernt worden. In den Außenwänden brach man aus dem Mauerwerk Fensteröffnungen heraus. Mit den dabei gewonnenen Steinen konnte in den Bauten die 250 m² große Halle unterteilt werden. So entstanden bis zu vier Wohnungen in den ehemaligen Bunkern. 1949 verlangte die Militärregierung eine Abholzung von Bäumen im Umkreis von 50 m um alle genutzten Bauwerke. Eine besondere Episode der Nachkriegsnutzung stellen die Schullandheime
dar. Um Kindern aus der Großstadt Bremen Erholung in der Natur bieten
zu können, genehmigte der bremische Senat Mittel zum Aufbau von Landheimen
in der ehemaligen Muna. Drei Lehranstalten wurden aktiv. Über rund 15 Jahre ist das ehemalige Militärgelände so von
vielen Menschen bewohnt und genutzt worden. Die Siedlung trug den Namen
Dünsen-Wald. Insbesondere die Wohnnutzung in den umgebauten Objekten
stellte natürlich nur ein Provisorium dar. In den 1950er Jahren begann
südlich außerhalb der Anstalt eine neue Siedlung des Ortes Dünsen zu
wachsen. Viele Bewohner der Muna fanden hier in neu errichteten Häusern
ihre endgültige Bleibe. Die Bundeswehr übernahm ab Anfang der 1960er Jahre schrittweise
einzelne Bereiche der Liegenschaft. Diese wurden damit zum Militärischen
Sicherheitsbereich. Die gesamte Anlage ist 1964 als Militärischer Schutzbereich
ausgewiesen worden. Noch waren aber die Waldstraße von Dünsen nach Groß
Ippener, und der Baßmerhoopweg Richtung Kirchseelte für den Zivilverkehr
offen. Erst nach Ausbau der Umgehung „Im Langen Tal“ westlich der Liegenschaft
wurde im März 1970 die Durchfahrt mit Schlagbäumen gesperrt. Bis Ende
der 1970er Jahre konnten immer noch Zivilisten zu Fuß ins Sperrgebiet
gelangen. Dann schloß man alle Zugänge mit Toren dauerhaft ab. Der Verwaltungs- und Unterkunftsbereich im Südwesten ist ab
1961 als Kaserne verwendet worden. Hier hat das Raketenartilleriebataillon
112 aus Delmenhorst-Adelheide seine Begleitbatterie aufgestellt. Aufgabe der Einheit war die Bewachung des
Sondermunitionslagers der 11. Panzergrenadierdivision. Dort deponierte man die atomaren Sprengköpfe des Raketensystems Honest John,
und später atomare Granaten für 155 und 203 mm-Artilleriegeschütze. Die
Begleitbatterie zog am 1. Juni 1973 in modernere Unterkünfte nach Delmenhorst-Adelheide
um. Der Auftrag blieb allerdings unverändert. Der nördliche Teil des Verwaltungsbereichs ist von der Bundeswehr
als Mobilmachungsstützpunkt ausgebaut worden. Ab Mitte der 1960er Jahre
lagen darin inaktive Teile von Pionierverbänden. Zunächst waren es hauptsächlich
Kompanien des Pionierbataillon 11 aus Dörverden-Barme. Später ist das Schwimmbrückenbataillon 170 des I. Korps hier eingelagert gewesen. Vom Nachschubkommando 1 aus Rheine-Gellendorf wurde in der
Anlage der Aufbau des Korpsdepot 154 geplant. Es sollte als ortsfeste
Einrichtung für die Bedarfsdeckung des I. Korps bereit stehen. Über das
Thema Korpsdepots berichtet eine separate Seite. In den 1980er Jahren liefen Planungen der Bundeswehr, die
Standortmunitionsniederlage deutlich zu vergrößern. Mit der angekündigten
Einführung des Mittleren Artillerieraketensystems (MARS) beim RakArtBtl
112 hätte der Platz in der StOMunNdlg nicht mehr ausgereicht. Die Erweiterung
sollte nördlich angrenzend entstehen. Zwei weitere Objekte sind noch zu erwähnen. Die Bundeswehr errichtete im Südwesten einen Funkturm in massiver Betonbauweise. Dieser war in das Richtfunknetz der Luftwaffe eingebunden. Und schließlich gab es den von der äußeren Umzäunung nicht eingeschlossenen östlichen Teil der früheren Muna mit seinen diversen Bunkerruinen. Die Fläche ist von Truppen aus Dünsen und von weiteren Standorten als Übungsgelände genutzt worden. Das Ende des Kalten Krieges zog für die vielseitig genutzte
Liegenschaft Dünsen erhebliche Veränderungen nach sich. Bereits vorher,
im Juli des Jahres 1987, hatten die USA ihre Atomsprengköpfe abgezogen.
Das 5th USAFAD blieb zunächst noch vor Ort stationiert. Anfang der 1990er
Jahre kam aber das Aus für die meisten Nutzungen. Der Mob-Stützpunkt,
die Standortmunitionsniederlage, und das nur noch für die Ausbildung
genutzte Sondermunitionslager wurden geschlossen. Auch die Unterkunft
der US Army vor dem Tor ist freigezogen worden. Nach ihrem Abriß entstand
dort ein neues Wohnquartier. Der laufende Betrieb einer Muna zur damaligen Zeit verursachte Verunreinigungen innerhalb der Anstalt. Außerdem gab es kurz vor Kriegsende die hastig durchgeführten Sprengungen durch die Wehrmacht. Räumungen von Altlasten sind bereits in den 1950er und 1960er Jahren durchgeführt worden. Entsprechend des damaligen Standes der Technik wird es nicht zu einer vollständigen Bereinigung gekommen sein. Die oben erwähnte Rangierlok der Munitionsanstalt ist inzwischen
wieder in Harpstedt beheimatet. Bei den Zerstörungen durch die Wehrmacht
wurde sie stark beschädigt. Nach dem Krieg kam die Lokomotive 1947 in
den Besitz der Delmenhorst-Harpstedter Eisenbahn (DHE) und wurde 1949
instand gesetzt. Es folgte ab 1954 eine Odyssee über verschiedene Besitzer
und führte sie 1994 wieder zurück nach Harpstedt, diesmal als Eigentum
der Delmenhorst-Harpstedter Eisenbahnfreunde e.V. (DHEF). Diese haben
die Maschine in den Zustand von Anfang der 1950er Jahre fahrbereit aufgearbeitet.
Inzwischen wird sie im Museums-Bahnbetrieb ab Bahnhof Harpstedt eingesetzt. Zustand: Zugang: Hinweis:
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Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps: Fotos:
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Entfestigung der anderen Art: Das Dach wurde teilweise entfernt. |
Zugang zu einem gesprengten MH 20 t. |
Die untere Hälfte der Seitenwände blieb stehen. |
Metallgewinnung extrem: Die Stahlarmierung wurde aus dem Beton gerissen. |
Von einem Bunker, den die Wehrmacht einschließlich Munition gesprengt hatte, sind nur noch Fragmente und ein weiter Trichter zu finden. |
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Erhaltenes Zeichen für Feuerlöscher. |
Munitionshaus 30 t mit Rampe. |
Es gab zwei Arten der Rampen, hier eine Wagenrampe. |
Die Eisenbahnrampe hatte einen zugänglichen Hohlraum. |
Hier ein MH 30 t ohne Rampe. |
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Die Ziegelbauweise der MH 30 t wird hier deutlich. Die abdichtende Teerschicht wurde verblendet. Davor war früher die Erdbedeckung. |
Am Eingang zeugt die Wanddekoration von der Wohnnutzung. |
Ein originales inneres Gittertor. |
Blick in die 250 m² große Halle. |
Nachträglich eingebauter Kamin für Kohleöfen. |
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Die Belüftung eines MH 30 t. |
Das Wirtschaftsgebäude des Landheims der Schule Grolland. |
Es wurde beim Absturz des Jagdbombers zerstört, hier der Südgiebel. |
Die massive Decke ist Richtung Norden geradezu eingeschnitten worden. |
Im dritten Bau des Schullandheims sind noch Reste einiger Zwischenwände erhalten. |
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In einem weiteren Munitionshaus findet man Kinder-Malereien. |
Zugang zu einem gesprengten Zünderhaus. |
Die Zünderhäuser hatten lediglich 50 m² Nutzfläche. |
Zwischen den 300 m langen Erdwällen lag früher ein Abstellgleis. |
Beim Aufschütten des Walls wurden vorhandene Bäume mit Backsteinen ummauert um die Tarnung zu erhalten. |
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Die jüngeren Bauten im Mobilmachungsstützpunkt: | ||||||
Das Tor zum Lagerbereich des Mob-Stützpunktes. |
Ein moderneres Lagerhaus. |
Zwei für MobStp typische Stahlhallen. |
Eine standardisierte Bundeswehr-Feldlagerhalle, hier noch gut erhalten. |
Darin war eine Ausgabestelle für Brückenzüge. |
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Die Feldlagerhalle hat durch Vandalismus stark gelitten. |
Ein standardisiertes Bundeswehr-Feldhaus. |
An der Fahrzeughalle das Taktische Zeichen 1./PiBtl 170. |
An einem MH 30 t Zeichen der 5./PiBtl 11 (PiMaschKp). |
Der massive Richtfunkturm der Luftwaffe. |
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Forward Storage Site - Lagerbezirk Petrol, Oil and Lubricants (POL): | ||||||
Das Tor zum Lagerbezirk POL. |
Das Wachgebäude. |
Modernere Fahrzeug-Abstellhalle. |
Aufgereiht die Lagerschuppen. |
Einer der 18 POL-Schuppen. |
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Forward Storage Site - Lagerbezirk Munition: | ||||||
Das Tor des Lagerbezirks Munition. |
Für die Wache reichte ein Postenhäuschen. Das Wachgebäude des POL-Bereiches war nur 600 m entfernt. |
Die Stromverteilung für das Depot. |
Eine ausgemusterte Telefonzelle diente als Wachhäuschen. |
Aufgereiht die Munitionslagerhäuser. |
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Einer der 19 Munitionsbunker. |
In diesem Depot hatten alle Bunker Schiebetore. |
Blick nach Innen. |
Die elektrischen Anschlüsse des Bunkers. |
Kasten für Feuerlöschgerät. |
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Sonstiges: | ||||||
Unmittelbar vor dem Tor der Munitionsanstalt befindet sich eine Muna-Siedlung. |
Heute ist im Bahnhof Harpstedt die ehemalige Rangierlokomotive der Muna beheimatet. |
So wurden 1960 von der Bundeswehr genutzte Bauten in der Muna gekennzeichnet. |
Ein depoteigener Kranwagen des Niederländischen 201 VZGCO. |
Mehrere Steine mit Verzierungen der Niederländischen Armee sind in der Liegenschaft zu finden. |
Rot:
der äußere Zaun der Muna, blau: der Zaun des militärischen Komplexes
nach dem Krieg, violett: einzeln abgezäunte Objekte. |
Quellenangabe: - Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen - Angelika & Reinhard Rambusch: 800 Jahre Kirchseelte - Hartlef Knoch: 825 Jahre Dünsen - Timo Lumma: Luftmunitionsanstalt 6/XI Boostedt 1937-1945, Teil I - Bundeswehr Delmenhorst: RakArtBtl 112 - 25 Jahre 1961-1986 - Bundeswehr Delmenhorst: 30 Jahre Bundeswehrstandort Delmenhorst - Bundesanstalt für Immobilienaufgaben: Exposé Dünsen - Archiv der Samtgemeinde Harpstedt - Archiv N. Giese - Nederlands Instituut voor Militaire Historie - Weser-Kurier - Kreiszeitung Syke - Nordwest-Zeitung - https://www.sachsenschiene.net/bunker/sys/typ_bu5.htm - „Alterfritz“ |
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