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Rubrik: Tanklager Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Das Kriegsmarinetanklager Farge (Schwanewede)
 Bis 1945: 
Anfang des Jahres 1939 begannen nördlich von Bremen die Arbeiten für ein Tanklager der Marine, unmittelbar angrenzend an das Wifo-Tanklager Bremen-Farge. Auch dieses Projekt lief offiziell unter der Ortsangabe Farge, tatsächlich befand sich der Komplex aber vollständig auf dem Boden der Gemeinde Schwanewede.
Die Planungen führte das Hafenbauressort V der Kriegsmarine, Hauptsitz beim Marinetanklager Achim, durch. Diese Dienststelle stellte nun die Marinebauabteilung Farge auf. Für deren Unterbringungen wurde das Marinegemeinschaftslager II in einem vorhandenen Barackenlager am Nordwestrand des Bauvorhabens eingerichtet.
Das Oberkommando der Marine (OKM) wies die Bauleitung an, die erforderlichen Außenanlagen in Abstimmung mit der Wifo zu bauen. So konnten beide Tanklager den Ölpier an der Weser gemeinsam nutzen. Für die Kriegsmarine sollte am Pier eine dritte Löschbrücke gebaut werden, einschließlich einer Pumpstation. Dieses Vorhaben wurde jedoch nicht mehr vollendet. Vom Gleis der stillgelegten Niederweserbahn, von Farge-Ost nach Bremerhaven-Wulsdorf, zweigte in Rekum die neue Marinebahn ab mit einer Strecke bis nach Schwanewede. Über diesen Anschluß konnte nun auch der Personal- und Materialtransport für die Baustelle abgewickelt werden.
Da im Marinetanklager schwerere Betriebsstoffe als im Wifo-Tanklager deponiert werden sollten, unterschieden sich die Tanks völlig von denen bei der Wifo. Bei der Marine entstanden für das Schweröl Rundbunker, die innen mit Fliesen auf einer Bitumenabdeckung ausgekleidet werden sollten. Zunächst begann im Südteil des Geländes der Bau der Behältergruppe I mit 17 Tanks je 10.000 m³. Kurz danach folgten die Behältergruppen II und III mit zusammen 19 größeren Tanks zu 20.000 m³. Daran östlich anschließend sollten nach und nach die Gruppen IV bis VIII folgen, aber lediglich die Gruppe IV wurde noch begonnen. In der Endplanung waren insgesamt 86 Treibstoffbunker mit einer gigantischen Gesamtkapazität von 1.550.000 m³ vorgesehen.
Zwischen den Tanks verliefen für den Öltransport Rohrleitungen in unterirdischen Gängen, die bis zum Ölpier an der Weser führten. Dazu kamen dementsprechend mehrere Pumpstationen. Einige weitere Bauten wurden für die Infrastruktur errichtet, darunter Stromversorgung, Wasser- und Heizwerk. Am Nordrand des Marinegemeinschaftslagers II ist ein Kesselwagen-Umschlagbahnhof gebaut worden. Abstellgleise verlegte man entlang der Strecke nach Schwanewede.
Da nach der Besetzung Frankreichs die schwimmenden Einheiten der Marine zu einem großen Teil an die französische Atlantikküste verlegten, bestand zunächst kein dringender Bedarf mehr an dem hiesigen Tanklager. So wurde am 3. Juli 1941 ein Baustop verfügt. Allerdings sind auch danach noch kleinere Arbeiten mit den vorhandenen Materialien fortgeführt worden. Insgesamt wurden 12 Behälter fertiggestellt und 18 teilweise fertig. Für 10 weitere hatte man die Baugruben ausgehoben. Öl wurde in den Tanks nicht mehr eingelagert. Einige der Bunker nutzte die Kriegsmarine danach als Lager für elektronische Geräte und Motorenteile.
Der Baubeginn der U-Boot-Bunkerwerft „Valentin“, ab Sommer 1943 an der Weser in lediglich zwei Kilometer Entfernung, hatte auch für das Kriegsmarinetanklager einige Auswirkungen. Zur Unterbringung des Personals und von Fremd- und Zwangsarbeitern wurden verschiedene Arbeitslager auf dem Gebiet des Treibstoffdepots und in der weiteren Umgebung errichtet, siehe Seite Lager. Die unglaublichste Einrichtung war dabei im Treibstoffbunker B5 der Behältergruppe I. In diesen fensterlosen Betontank mit nur einer Öffnung in der Decke quartierte die SS KZ-Häftlinge ein.
Am 24. April 1945 löste die Marine die Baustelle mit einem Vertrag auf, in dem sie die gesamte Anlage an den Landkreis Osterholz übergab. Nun wurde vom Landkreis sogleich das Marinegemeinschaftslager II zum Teilkrankenhaus Neuenkirchen erklärt. Am 8. Mai erfolgte die Kapitulation Deutschlands, 3 Tage später marschierten britische Truppen in Schwanewede ein.

 Ab 1945: 
Einzelne Teile des unvollendeten Kriegsmarinetanklagers wurden nach Ende des II. Weltkrieges weitergenutzt. In einigen vormaligen Arbeitslagern kamen Vertriebene unter, das Krankenhaus bestand längere Zeit als Hospital. Verbände der US Army nutzten bis 1947 das OT-Lager Schwanewede-Heidkamp als Truppenlager. Die militärischen Einrichtungen, und damit sämtliche vorhandenen Treibstofftanks, wurden Ende der 1940er gesprengt. Das Gleis der Marinebahn nach Schwanewede ist ab Neuenkirchen abgebaut worden. Bemerkenswerterweise wurde die Pumpstation der Marine beim Ölpier erst 1998 abgerissen.
1956 brach eine neue Epoche für das Gelände an. Im Ostteil begann auf ehemaligem Wifo-Gelände der Bau der Lützow-Kaserne. Im Februar 1958 verlegte die Kampfgruppe B 3 von Schleswig nach Schwanewede. Aus diesem Verband wurde 1959 die Panzergrenadierbrigade 32. Die gesamte Fläche des früheren Tanklagers ging nun wieder in militärische Verwendung, auf ihr entstand der Standortübungsplatz der Garnison. Der frühere Kesselwagenbahnhof ist zur Verladerampe umgebaut worden.
Im Jahre 1961 zog das Krankenhaus aus dem ehemaligen Marinegemeinschaftslager II nach Lilienthal um. Im Folgejahr übernahm die Bundeswehr auch diesen Komplex als Kaserne. Erster Nutzer war die 2./Versorgungsbataillon 326. Ab 1973 war die ab dann allgemein Artillerie-Kaserne genannte Einrichtung mit dem PzArtBtl 325 belegt. Bis in die 1980er Jahre wurden fast ausschließlich die Massivbaracken aus dem II. Weltkrieg als Unterkunft genutzt, erst danach wichen sie nach und nach modernen Kompanieblöcken. 1991 erfolgte die Namensgebung „Weser-Geest-Kaserne“. Im Frühjahr 2004 verlegte das PzArtLehrBtl 325 in die Lützow-Kaserne.
Nun steht das ehemalige MGL II für eine zivile Nutzung zur Verfügung. Lützow-Kaserne und Standortübungsplatz sollen aber auf absehbare Zeit weitergenutzt werden.

 Zustand: 
Von den Treibstoffbehältern des Marine-Tanklagers sind zahlreiche Trümmer und Bunkerwände erkennbar. Heute werden im nördlichen Bereich die vorhandenen großen Erdaufschüttungen der gesprengten Treibstoffbunker als Fahrschulgelände für Kettenfahrzeuge genutzt. Innerhalb der Weser-Geest-Kaserne sind sieben historische Baracken erhalten, ebenso sind entlang der Straße „An der Kaserne“ weitere Bauten aus dem II. Weltkrieg zu finden.

 Zugang: 
Das Betreten des Standortübungsplatzes ist außerhalb der Übungszeiten erlaubt.

Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:
Betriebsanlagen:

Heizanlage
In diesem Bunker gegenüber dem Marinegemeinschaftslager II war eine Heizanlage untergebracht

Baracke
Die historische Baracke 27 gehört heute dem Verein „Dokumentations-und Gedenkstätte Geschichtslehrpfad Lagerstraße/U-Boot-Bunker Valentin e.V.“

Notstromerzeugung
Die ehemalige Notstromerzeugung

Bunker
Im Unterholz steht dieser Bunker mit Beobachtungsschlitzen rundum

Verladerampe
Als Kesselwagen-Umschlagbahnhof geplant, wird diese Anlage heute als Verladerampe von der Bundeswehr genutzt. Auf einigen Schienen ist noch zu lesen: THYSSEN 1939.

Lokomotive
Die Marine-Lokomotive Nr. 31 war im II. Weltkrieg auf der Marinebahn eingesetzt. Sie steht heute in Hamburg-Wilhelmsburg.


Behältergruppe I:

Treibstofftank
Reste des gesprengten 10.000 m³ Treibstofftanks B7. Im baugleichen Bunker B5 war das KZ-Außenlager eingerichtet.

Erdaufschüttungen
In der Reihe B sind die Erdaufschüttungen erhalten, in denen die Bunker standen. Hier vom Tank B6.

Leitungsgang
Das nördliche Ende vom Leitungsgang in der Behälterreihe B mit dem Rest vom Zugang
Betonreste
In der Reihe A sind kaum Spuren vorhanden, hier geringe Betonreste vom Bunker A7.
Leitungsgänge
In den Leitungsgängen verliefen die Pipelines mit denen der Betriebsstoff transportiert werden konnte. In Reihe A sind die Reste zu sehen.
Leitungsgang
Ein Einstieg zum Leitungsgang in Reihe A
Gang
Blick in ein Teilstück des Ganges in Reihe A, welches die Sprengungen überstanden hat.
Behältergruppe III:
Behälter
In den nördlichen Behältergruppen wurden größere 20.000 m³ Tanks gebaut, hier der Rest vom Behälter B2 in der Gruppe III.
Wände
Erhaltene Wände vom Tank B3
Tank
Ebenfalls Tank B3

Rot markiert: der heutige Zaunverlauf des IVG-Tanklagers, dunkelblau: der äußere Zaun des Wifo-Tanklagers im II. Weltkrieg, violett: die Grenze des Kriegsmarinetanklagers.
Die Nummerierungen sind auf der Seite über die Arbeitslager erklärt.

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen
- Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945 - Band 6: Bremen
- Rainer Christochowitz: Die U-Boot-Bunkerwerft „Valentin“
- Stader Jahrbuch 2001/2002 - Heiko Kania: Neue Erkenntnisse über Opferzahlen und Zwangsarbeiterlager während des Baus des U-Boot-Werftbunkers „Valentin“ in Bremen-Farge
- Farge-Vegesacker Eisenbahn: 100 Jahre 1888 - 1988
- Rainer Hager: Wasserberg ?
- Stefan Lauscher: Die Diesellokomotiven der Wehrmacht
- Archiv R. Hager
- Archiv Verein „Dokumentations- und Gedenkstätte Geschichtslehrpfad Lagerstraße/U-Boot-Bunker Valentin e.V.“
 
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