Bis 1945:
Die offizielle Bezeichnung der hier vorgestellten Anlage lautete Heeres-Nebenmunitionsanstalt Walsrode. Sie ist nicht gleichzusetzen mit der weiter nördlich liegenden Heeres-Munitionsanstalt Walsrode, die noch heute als Depot der Bundeswehr militärisch genutzt wird. Die Nebenmuna ist zuerst aufgebaut worden. Bereits nach zwei Jahren der Selbständigkeit erfolgte zum 1. August 1940 die Auflösung der Dienststelle. Anschließend kam es zur Unterstellung des Objektes unter die Muna Walsrode als Munitionslager.
In Dokumenten wurden verschiedene Bezeichnungen für die Anlage verwendet: Lager oder Nebenmuna Ahrensheide, Muna oder Nebenmuna Düshorn und schließlich auch passend Nebenmuna Walsrode. Nach Angliederung an die Muna Walsrode sprach man schließlich auch von der Außenmunitionsanstalt.
Über Nebenmunitionsanstalten liegen eher wenige Angaben vor. Oftmals ist vor Ort nicht bekannt, daß dortige Munitionsdepots in diese Kategorie fallen. Heeres-Nebenmunitionsanstalten sind Dienststellen der Feldzeugtruppe des Heeres der Wehrmacht gewesen. Aufgabe der Feldzeugtruppe war die Bereitstellung von Ausstattung und Nachschub für die zugeordneten Verbände und Einheiten. Die Aufstellung dieser Dienststellen erfolgte im Rahmen der allgemeinen Aufrüstung des III. Reiches ab 1934.
Jedem Wehrkreiskommando unterstand ein Feldzeugkommando. Diesem nachgeordnet gab es ein Heeres-Zeugamt (HZa), in einigen Fällen auch derer zwei. Auf der nächsten Hierarchiestufe standen mehrere Heeres-Nebenzeugämter (HNZa). Fast jedem HZa und HNZa war eine recht kleine Heeres-Nebenmunitionsanstalt (HNMa) angegliedert, in dieser Konstellation intern bezeichnet als „Typ b“.
Zusätzlich gab es eigenständige größere Nebenmuna mit anderen Aufgaben, die direkt den Feldzeugkommandos unterstanden, interne Bezeichnung: „Typ a“. In diese Kategorie fällt die HNMa Walsrode. Eine Herstellung oder Befüllung von Kampfmitteln wurde in den Objekten nicht durchgeführt. Es ist ausschließlich gelagert worden.
Die Heeres-Nebenmunitionsanstalt Walsrode entstand quasi als Notlösung. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 betrieben diese ein massives Aufrüstungsprogramm. Es sollte in kurzer Zeit die Befähigung für Angriffskriege erreicht werden. In wenigen Jahren wuchs die Wehrmacht enorm an. Für die Ausstattung der Truppe war natürlich auch die Herstellung großer Mengen Munition erforderlich. Die Industrie steigerte die Produktion von Pulver. Für die Fertigung von Granaten und Bomben wurden zahlreiche neue Munitionsanstalten gebaut. In dieser hektischen Phase liefen nicht alle Schritte wie geplant. So ergab es sich 1938, daß die Wehrmacht die enorme Menge von 30.000 t Pulver und Sprengstoff von der Industrie abnehmen mußte. Viele Munitionsanstalten waren aber noch nicht aufnahmefähig, da bei deren Aufbau Mangel an Material und an Arbeitskräften herrschte.
Die Feldzeuginspektion in Berlin beauftragte die Feldzeugkommandos der norddeutschen Wehrkreise X in Hamburg und XI in Hannover mit der Einrichtung von großen Behelfs-Munitionslagern. Dort sollten die gesamten 30.000 t vorübergehend deponiert werden. Dementsprechend erfolgte im Laufe des Jahres 1938 der Aufbau solcher Lager. Mit ihren Sonderaufgaben unterstanden die Objekte den Feldzeugkommandos direkt. Die Errichtung der neuen Dienststellen Heeres-Nebenmunitionsanstalt Walsrode, sowie der Heeres-Nebenmunitionsanstalt Schneverdingen mit dort gleich vier Munitionslagern im Umfeld, ist unter Zeitdruck vorangetrieben worden. Außerdem wurde am Südrand der bereits in Betrieb stehenden Heeres-Munitionsanstalt Mölln, Schleswig-Holstein ein weiteres Behelfs-Munitionslager eingerichtet.
Im Gebiet von Niedersachsen entstanden in der Zeit mehrere bedeutende Pulverfabriken. Die waren allerdings 1938, wie auch diverse weitere Anlagen, weitgehend noch im Aufbau. Die genannten Pulvermengen müssen dementsprechend aus dem übrigen Reichsgebiet stammen. Die Konzentrierung der Behelfs-Munitionslager im Norden ergab sich vermutlich aus der hiesigen Ansiedelung der Munitionsproduktion für Heer, Luftwaffe und Marine in höherer Anzahl.
Das Problem mit der verspäteten Aufnahmefähigkeit der Munitionsanstalten betraf auch die Anlieferung von Packmitteln und unscharfen Munitionsteilen. Auch diese mußten von der Industrie abgenommen werden. Da von solchen Gütern keine Gefährdung ausging, war eine Lagerung in abgelegenen Gegenden nicht erforderlich. Die benötigten Flächen bekam man hauptsächlich durch Anmietungen in zivilen Objekten. Heereseigen standen nur 4.000 m² zur Verfügung. Die wurden nun erheblich ergänzt durch gemietete 71.000 m² im Hamburger Freihafen und 3.000 m² in Bremen.
Daß diese Munitionslager nur als Behelf gedacht waren, ist in der Auslegung deutlich erkennbar. Unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden knappen Zeit, sollte alles sehr einfach und schnell gebaut werden. Zur Aufbewahrung des in Kisten verpackten Pulvers sind nur Schuppen in hölzerner Bauweise errichtet worden. Sie standen auf einem gegossenen Betonfundament. Der Grundriß betrug 8x12 m, also knapp 100 m² Nutzfläche. Das Dach bekam eine Abdeckung mit Faserzement-Platten oder Teerbahnen, mehrere Blitzableiter kamen hinzu. Um die Schuppen sind keine Erdwälle aufgeschüttet gewesen, die eventuellen Explosionsdruck abfangen könnten. Die Verhinderung einer Kettenreaktion im Falle von Explosionsunglücken wollte man nur durch einen großen Abstand untereinander erreichen. Mindestens 70 m betrug die Distanz der Bauten.
Ein Schuppen hatte eine maximale Aufnahmekapazität von 40 t Pulver. Dividiert man die Gesamtmenge von 30.000 t durch die 40 t, ist das Ergebnis 750 benötigte Munitions-Schuppen. Das ist die Zahl, die für die Standorte in Summe veranschlagt war: Walsrode mit 100 Schuppen, Schneverdingen mit 570 Schuppen und Mölln mit 80 Schuppen.
Die Munitions-Schuppen standen in überwiegend symmetrisch ausgelegten Gruppen. An ergänzenden Einrichtungen kamen Behältnisse für Löschwasser hinzu, in der Mehrzahl der Gruppen derer zwei. Daneben stand oft ein Schanzzeughaus, in dem Geräte und teilweise eine Motorpumpe für die Brandbekämpfung aufbewahrt worden sind.
Trotz der immensen Aufnahmekapazitäten führten keine Gleisanschlüsse bis in die Lager. Dieser Punkt spricht für eine längerfristige Deponierung, ohne häufigeren Umschlag. Die Transporte mußten mit Lastkraftwagen durchgeführt werden. In der Anfangsphase bekamen teilweise zivile Fuhrunternehmen aus der Umgebung Aufträge für Unterstützungsleistungen.
Die provisorische Auslegung wird insbesondere im Hinblick auf Tarnung der Anlage gegen feindliche Luftaufklärung deutlich. Völlig entgegen den Maßnahmen in produzierenden Munitionsanstalten, gab es bei diesen Nebenmuna kaum Verschleierung. So stachen die Liegenschaften auf damaligen Luftbildern geradezu ins Auge. Zwar hat man zumindest einzelne Maßnahmen zur Tarnung durchgeführt, wie Tarnanstrich für die Schuppen und daneben Anpflanzung von Bäumen. Effekte waren aber aus der Vogelperspektive nicht gegeben.
Passend bezeichnete die Wehrmacht die Objekte lediglich als Behelfs-Munitionslager. Daraus ist abzuleiten, daß eine Nutzung unter den Bedingungen des II. Weltkrieges wohl gar nicht geplant gewesen ist. Sie sollten nur der kurzzeitigen Aufnahme der 30.000 t Pulver bis zur Übergabe an dann fertiggestellte Munitionsanstalten dienen. Durch die einfache Bauweise konnten die Objekte innerhalb weniger Monate fertiggestellt werden.
Für die Heeres-Nebenmunitionsanstalt Walsrode wählte das Feldzeugkommando XI ein Gebiet in der Ahrensheide aus, 6,5 km südlich vom Zentrum der Stadt Walsrode gelegen. Anders als heute, war das Gelände seinerzeit nur teilweise bewaldet. Für die benötigten Grundstücke wurden Pachtverträge abgeschlossen. Die Arbeiten begannen im Sommer 1938. Der Aufbau der etwas weiter nördlich liegenden Heeres-Munitionsanstalt Walsrode lief zu der Zeit bereits. Zwischen der Nordgrenze der Nebenmuna und der Südgrenze der Muna betrug der Abstand nur 300 m.
Am Ostrand der Nebenmuna ist die Haupteinfahrt angesiedelt worden. Hier standen die Wache und ein Wohlfahrtsgebäude, in dem auch die Verwaltung Büros hatte. Dazu kamen weitere Nebenbauten. Für die Wachmannschaften gab es eine Unterkunftsbaracke.
In westlicher Richtung führte ein Weg in einer großen Schleife durch die Lager-Gruppen. In den einzelnen Gruppen erschlossen weitere Wege die Zugänge zu allen Schuppen. Die Mehrzahl der Strecken wurde mit Schlacke befestigt.
Die Gruppen waren sehr symmetrisch angelegt. In jeder standen 20 Munitions-Schuppen, immer in 4 Reihen mit 5 Schuppen. Dazu kamen meist je zwei Löschwasserzisternen. Während das Löschwasser in den vier Munitionslagern der HNMa Schneverdingen in offenen Becken bereitgehalten wurde, hat man in Walsrode in den Boden eingelassene Zisternen in Betonbauweise geschaffen. Vom Verwaltungsbereich Richtung Westen befanden sich drei Lager-Gruppen, südlich anschließend weitere zwei. So teilten sich die 100 Munitions-Schuppen in fünf Lagergruppen à 20 Bauten auf. Darin konnten bis zu 4.000 t Pulver eingelagert werden.
Wie oben bereits erwähnt, verfügte die HNMa nicht über einen Gleisanschluß bis in die Liegenschaft. Östlich führt die Reichsbahnstrecke von Hannover nach Buchholz vorbei. Im Dorf Beetenbrück gab es eine kleine Station, in der man vermutlich umladen konnte. In die Nebenmuna ging es mit Lastkraftwagen weiter, die Distanz betrug nur gut 1 km.
Über den genauen Verlauf der Außengrenze liegt kein Kartenwerk vor. Die Schätzung anhand von historischen Luftbildern ergibt für die gesamte eingezäunte Nebenmuna Walsrode eine Grundfläche von rund 135 ha.
Die Bewachung des Objektes führte ab Oktober 1938 die Firma „Wachdienst Niedersachsen“ aus Hannover durch. Üblich ist, daß die Aufgabe während des Krieges von der Wehrmacht übernommen wurde. Man setzte dazu lebensältere Soldaten aus Landesschützen-Bataillonen ein.
Über die Verwendungen der Nebenmuna und deren zeitliche Abfolge gibt es kaum Angaben. Überliefert ist, daß bereits im November 1938 die Einlagerung von Pulver begann. Klar ist, daß das Objekt nicht nur kurzzeitig für die Aufbewahrung der Überbestände genutzt worden ist. Das Behelfs-Munitionslager stand bis zum Ende des II. Weltkrieges in der Nutzung.
Ein für die Anlage wichtiges Ereignis ergab sich im Jahr 1940. Am 1. Juni nahm die benachbarte Heeres-Munitionsanstalt Walsrode offiziell den Betrieb auf. Als Folge löste man zum 1. August die Dienststelle Heeres-Nebenmunitionsanstalt Walsrode auf. Das Munitionslager wurde gleichzeitig der Muna angegliedert. Zu einer Integration in den Betrieb der produzierenden HMa kam es nicht. Die provisorischen Lagerschuppen entsprachen nicht dem geforderten Standard zur geschützten Deponierung von Kampfmitteln. Es gab keine Wege, die beide Liegenschaften direkt miteinander verbunden hätten. So wird die weitere Nutzung losgelöst von den Aufgaben der Muna erfolgt sein.
Da seit Beginn der Einlagerung 1938 die produzierenden Munitionsanstalten nach und nach ihren Betrieb aufnahmen, sollten die Pulverbestände entsprechend abgegeben worden sein. Anschließend ist eine Einlagerung wahrscheinlich, zu der es für Walsrode zwar keine Angaben gibt, wohl aber für die anderen Standorte Schneverdingen und Mölln. Die ab 1939 besetzten Länder Europas verfügten über eigene teils umfangreiche Pulverbestände zur Munitionsfertigung. Diese konfiszierte die Wehrmacht und brachte größere Mengen ins Reichsgebiet. So dürfte es auch im Munitionslager Walsrode eine Deponierung der als Beutepulver bezeichneten Sprengstoffe gegeben haben.
Am 15. April 1945 kämpften sich Verbände der britischen 7th Armoured Division aus Richtung Süden kommend auf der Westseite der Böhme bis nach Walsrode vor. Zeitgleich zogen die letzten deutschen Einheiten auf der Ostseite des Flusses nach Norden ab. Damit endete der II. Weltkrieg für die Gegend.
Ab 1945:
Die Briten mußten sich nun um die aufgefundenen Bestände kümmern. Was mit vorhandenem Pulver gemacht wurde, ist nicht überliefert. Wahrscheinlich ist eine Verbrennung der Bestände. Es lassen sich in der südöstlichen Lager-Gruppe Trichter finden, die von Sprengungen zeugen können. Dabei wird es sich wohl auch um die Vernichtung von Munition aus der Muna Walsrode handeln.
Am Ende hat die British Army alle Bauten eingerissen. Den Boden der Schuppen machte man durch Sprengungen unbrauchbar. Bei diesen Maßnahmen kam es auch zur Zerstörung aller Feuerlöschzisternen.
Nachdem das Militär die Liegenschaft bereinigt hatte, gingen Zivilisten aus der Umgebung die Verwertung der gesamten Infrastruktur an. Für alles gab es Abnehmer. Das Holz und die Dachplatten der Schuppen bekamen neue Verwendungen als Baumaterial. Selbst die auf die Wege aufgebrachte Schlacke konnte zur Befestigung von Straßen in den umliegenden Dörfern abtransportiert werden.
Nach Beendigung der Pachtverträge fielen die Grundstücke um 1950 wieder an ihre Besitzer zurück. Diesen oblag die weitere Verwendung der Fläche. In den folgenden Jahren ging das Gelände in eine forstwirtschaftliche Nutzung über. Heute stehen zahlreiche Bäume auf dem Areal.
Zustand:
Entsprechend der früher sehr leichten Bauweise, und der nach dem Krieg erfolgten Verwertung aller brauchbaren Dinge, sind heute nur noch wenige Spuren aufzufinden. Immerhin blieben an mehreren Stellen die Trümmer der Löschwasserzisternen liegen. So lassen sich beim Durchwandern des Geländes die früheren Strukturen zumindest in kleinen Teilen noch nachvollziehen.
Zugang:
Das Gebiet der früheren Nebenmuna in der Ahrensheide ist als Naherholungsgebiet frei begehbar.
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Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:

Hier zweigte nach rechts die Einfahrt zur Heeres-Nebenmunitionsanstalt Walsrode ab.

Bis in den Verwaltungsbereich ist die Straße asphaltiert.

Der Hauptweg führte als weiträumige Schleife durch das Gelände. Hier zweigt die Strecke nach links ab.

Die Abzweigungen sind nicht als enge 90°-Kurven ausgeführt. Die Wege werden in weitem Bogen geführt, sodaß ein Dreieck gebildet wird.

Reste der damaligen Schlacke-Befestigung der Hauptwege.

Das ältere Foto zeigt die Bodenplatte eines Munitions-Schuppens in Lagergruppe A.

Inzwischen sind diese Flächen allesamt mit Bewuchs überdeckt.

Der Beton steckt noch an vielen Stellen im Boden. Nur an sehr wenigen Stellen ist er sichtbar.

Bei der Demilitarisierung der Anlage nach dem Krieg wurden sogar alle Löschwasserzisternen gesprengt.

Der Umfang der erhaltenen Trümmer ist unterschiedlich.

Teilweise sind die Bauten kaum noch erkennbar.

Zumindest die Bogenform der Decke zeigt sich meist noch.

Die Abschlußwand mußte der Rundung natürlich folgen.

Die Trümmer zeigen die Wandstärke.

Das obere Loch wird der Belüftung gedient haben.

Bei diesem Bau in Lagergruppe B ist die Decke zumindest noch teilweise erhalten.

Die Auslegung der Zisternen wird hier deutlich.

Blick in den am weitgehendsten erhaltenen Löschwasserbehälter in Lagergruppe E.

Im Zentrum der Nebenmuna sind ein paar größere Trümmer zu finden.

Ende 1938 erging der Vorschlag, in der Mitte der HNMa einen Feuerwachturm zu errichten.

Diese Trümmer könnten die Reste davon sein.

Am Rand der südöstlichen Lager-Gruppe findet man ungefähr 10 weite Mulden, die nach dem Krieg wohl als Brand- oder Sprengplatz gedient hatten.
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