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Rubrik: Flugplätze Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Der Fliegerhorst Wunstorf
 Bis 1945: 
Bereits im Mai 1934 fanden die Ankaufsverhandlungen mit Besitzern von Gelände des späteren Fliegerhorstes Wunstorf statt. Kurz danach konnten die ersten Baumaßnahmen beginnen. Im Juli entstand der Gleisanschluß vom Bahnhof Poggenhagen und schon im August war das Areal komplett umzäunt, Gesamtlänge seinerzeit rund 13 km.
Das Gelände lag zunächst komplett westlich der Landstraße zwischen den Ortschaften Poggenhagen und Klein Heidorn. Im Norden der Liegenschaft entstand die Kaserne mit den Unterkünften und allen weiteren erforderlichen Betriebsgebäuden. Daran schloß sich südlich der Flugbetriebsbereich an. Unmittelbar am Rand des Flugfeldes errichtete man fünf große Flugzeughallen. Eine sechste Halle lag etwas zurückgezogen, dort wurde die Flugwerft eingerichtet. Das Flugfeld bestand lediglich aus einer Grasnarbe, betonierte Startbahnen sind während des II. Weltkrieges nicht mehr gebaut worden. Die erste Ausbauphase konnte im März 1936 abgeschlossen werden. Deckname des Platzes wurde „Wunschkonzert“.
Im Jahre 1944 erfolgte eine erhebliche Vergrößerung des Flugfeldes in Richtung Osten. Dafür wurde die Landstraße unterbrochen, der Verkehr mußte im weiten Bogen westlich um den Platz geführt werden. Dieser Zustand blieb bis in die Gegenwart bestehen und ist auf Kartenwerken deutlich zu erkennen.
Zum Bereich des Fliegerhorstes Wunstorf gehörten auch zwei Übungsplätze. Am 20. Mai 1935 wurden östlich von Wunstorf der Fliegerübungsplatz Metel für Zementbombenabwürfe und der Fliegerschießplatz Scharrel in Betrieb genommen. Metel ist ab Mitte 1943 nicht mehr als Bombenabwurfplatz benötigt worden, auf seinem Gelände entstand ein Scheinflugplatz.

Ab Mai 1935 lag militärisches Personal auf dem Flugplatz Wunstorf. Am 1. Oktober verlegte der erste fliegende Verband auf die neue Anlage, Teile der Fliegerschule aus Celle-Wietzenbruch. Am 1. April des Jahres 1936 wurde die II. Gruppe des Kampfgeschwaders „Boelcke“ in Wunstorf aufgestellt, dieser Verband war bis zum Kriegsbeginn der Heimatverband des Horstes. Die Numerierung des Geschwaders mit Stab in Langenhagen wechselte von 154 über 157 auf 27. Ausgerüstet in der Anfangszeit mit Behelfsbombern Junkers Ju 52/3m g3e folgte ab Mai 1937 die Heinkel He 111.
Im August 1936 stellte das KG 154 drei Ju 52 mit vier Besatzungen an die „Legion Condor“ ab. Da es offiziell keine Einbindung der Luftwaffe in den Spanischen Bürgerkrieg geben sollte, nahmen sie als Zivilisten getarnt am Konflikt teil. In der Folgezeit entstand in Wunstorf die 10. Staffel des KG 157, sie diente ausschließlich der Ausbildung von Ersatzmannschaften für den Einsatz in Spanien. Maschinen des Verbandes nahmen auch am Angriff auf Guernica teil, bei dem nach Schätzungen 1.000 Zivilisten ums Leben kamen.
Beim Beginn des II. Weltkrieges, am 1. September 1939, sind He 111-Bomber aus Wunstorf zu Angriffen auf Warschau gestartet. Ab Herbst des Jahres verließ das KG 27 den Heimatflugplatz und kam nur noch gelegentlich hierher zurück.
Im weiteren Verlauf des Krieges sind die verschiedensten Verbände hier vorübergehend stationiert worden. Dabei zunächst Kampfgeschwader mit Dornier Do 17 und Junkers Ju 88-Bombern, später Zerstörergeschwader mit Messerschmitt Me 110-Jägern und zum Kriegsende hin vermehrt Jagdgeschwader mit Me 109-Jägern. Für die kleineren Maschinen sind am Südrand des Flugfeldes zusätzlich Holzhangars errichtet worden.
Ab Mitte 1944 diente Wunstorf hauptsächlich als Werft-Platz zur Instandsetzung und Aufrüstung beschädigter Maschinen, außerdem auch als Auffrischungsplatz für im Kampf aufgeriebene Verbände.
Alliierte Bomberflotten, die Ziele in Hannover, Braunschweig, Salzgitter oder Berlin anflogen, orientierten sich optisch oft am Dümmer und dem Steinhuder Meer. Wunstorf lag genau in dieser Einflugschneise, deshalb gab es im Luftraum über der Stadt viele Luftkämpfe mit zahlreichen abgeschossenen Maschinen, sowohl der Alliierten als auch der Deutschen Luftwaffe.
Der Fliegerhorst war von der Royal Air Force zur eigenen weiteren Verwendung ausersehen worden, darum fanden keine größeren Bombenangriffe auf das Areal statt. Es gab aber verschiedene Tieffliegerangriffe die einige Einrichtungen beschädigten.
Am 7. April 1945 besetzten britisch-kanadische Truppen den Fliegerhorst. Sie trafen nur auf relativ schwache Gegenwehr. Die Wehrmacht hatte die Sprengung aller Anlagen vorbereitet, sie wurde aber nicht mehr durchgeführt. Fast 50 reparaturbedürftige deutsche Militärflugzeuge wurden von den Alliierten auf dem Horstgelände aufgefunden.

 Ab 1945: 
Noch am Abend das 7. April 1945 landeten die ersten Maschinen der Royal Air Force in Wunstorf. Die Infrastruktur war fast vollständig unversehrt. Lediglich die Halle 2 wies nach einem Bombentreffer stärkere Schäden auf. Allerdings hatte die Wehrmacht bei der Vorbereitung zur Sprengung der Anlagen in sämtliche Gebäude Bomben geschafft. Diese mußten nun entschärft werden. Dabei kam es zu einer Explosion im Block 47, er wurde dabei vollständig zerstört.
In der nächsten Zeit ist Wunstorf als Basis genutzt worden, um hier britische und alliierte Kriegsgefangene aus der gesamten Umgebung zusammen zu ziehen. Sie wurden mit Flugzeugen in ihre Heimatländer zurück gebracht.
Noch im Oktober 1945 begannen Bauarbeiten um auf dem Flugfeld zwei befestigte Startbahnen anzulegen. Die Erste verlief in Ost-West-Richtung. Sie reichte mit 1.800 m Länge ein Stück über das bisherige Flugfeld hinaus. Die zweite Bahn, 1.600 m lang, erforderte eine weitere erhebliche Vergrößerung des Flugplatzes nach Süden, 60 ha wurden dafür erfaßt. Die Bauarbeiten sind von deutschen Kriegsgefangenen durchgeführt worden. Am Ende des Jahres 1947 wurde die Anlage vollendet.
Das nächste bedeutende Ereignis für den Flugplatz wurde die Blockade Berlins durch die Sowjetunion. Vom Juni 1948 bis zum Mai des Folgejahres mußte die Stadt auf dem Luftweg durch Transportflugzeuge versorgt werden. Wunstorf war dabei der wichtigste Umschlagplatz der Briten. Von hier sind mit 38.663 Flügen 310.841 Tonnen Fracht transportiert worden. Das entsprach einem Sechstel aller Güter der Luftbrücke. Die Versorgungsflüge wurden bis zum August 1949 fortgeführt, da es noch einige Zeit dauerte, bis auf dem Landweg alles wieder problemlos lief.
Inzwischen hatte die Royal Air Force beschlossen, Wunstorf als Fliegerhorst dauerhaft zu nutzen. Nach Beendigung der Luftbrücke trafen im Januar 1950 Jagdbomber von der 123 Wing hier ein. Das Geschwader blieb Hausherr auf dem Platz bis zur Übergabe an die Bundeswehr. Die Staffeln waren zunächst noch mit Propellermaschinen vom Typ Supermarine Spitfire ausgestattet. Aber nach kurzer Zeit folgte die Umrüstung auf Strahlflugzeuge, zunächst der Typ Vampire, ab 1952 kam die Venom.
Das Britische Militär wohnte zu einem großen Teil seit Kriegsende in beschlagnahmten Privatwohnungen. Nun wurde begonnen, im Stadtgebiet von Wunstorf Siedlungen für das Personal aufzubauen. Danach konnten die Privatquartiere wieder an die ursprünglichen Besitzer zurückgegeben werden, einige mußten insgesamt neun Jahre darauf warten.
Eine interessante Nutzung gab es für kurze Zeit zu Beginn der 1950er Jahre. In Hannover stand noch kein Flugfeld zur Verfügung, um die Großstadt wieder ins zivile Luftverkehrsnetz einzubinden. So wurde ab Juni 1950 auf der Strecke Düsseldorf - Hannover - Berlin der Fliegerhorst Wunstorf angeflogen. Die Passagiere sind mit Bussen in die Stadt gefahren worden. Allerdings störten diese Flüge das Militär. So mußte stattdessen bereits ab November des Jahres nach Bückeburg ausgewichen werden. Erst ab April 1952 konnte der Zivilverkehr den Flughafen Langenhagen nutzen.

Bald nach Aufstellung der Bundeswehr kündigte sich die Übernahme des Wunstorfer Platzes durch die Bundesluftwaffe an. Im November 1957 trafen die ersten deutschen Soldaten ein, um den Wechsel zu organisieren. Im Februar des nächsten Jahres wurde das Flugplatzkommando Wunstorf aufgestellt. Einen Monat später traf die I. Gruppe des Luftwaffen-Ausbildungsregiments 4 ein. Dessen Regimentsstab lag zu der Zeit in Bückeburg. Die offizielle Übergabe der Anlage durch die Briten fand am 17. März statt.
Kurze Zeit später erfolgte eine Verlegungsaktion, die auch die Fliegerei wieder auf den Flugplatz Wunstorf brachte. Im Herbst 1958 verlegte die Flugzeugführerschule S von Memmingen hierher. In der Folge zog im Frühjahr 1959 die I./LwAusbRgt 4 nach Bayern um. Die FFS S betrieb in Wunstorf nun die Pilotenschulung auf mehrmotorigen Propellermaschinen vom Typ Nord N2501 „Noratlas“ und Hunting Percival „Pembroke“.
Zur gleichen Zeit sind aus Bayern auch die Ausbildungsgruppen A und C auf norddeutsche Fliegerhorste verlegt worden. Die Anfängerausbildung in der AusbGrp A ging nach Diepholz und die Hubschrauberschulung in der AusbGrp C nach Faßberg. Allerdings folgte Anfang der 1960er Jahre eine Neuorientierung bei der Anfängerschulung, sie wurde fortan an der zivilen Flugschule der Lufthansa in Bremen durchgeführt. Daher befand sich nun stets eine Ausbildungsstaffel der Wunstorfer in Bremen.
Am 13. Mai 1969 landete die erste Maschine des neuen Typs Transall C 160 auf dem Flugplatz. Dieses Muster ist hier bis in die Gegenwart im Einsatz. Für die großen Flugzeug wurden vor den Hallen 1 und 2 Vorbauten errichtet, da sie sonst nicht hinein gepaßt hätten.
Ende der 1970er Jahre kam eine grundlegende Neuorganisation auf die FFS S zu. Der Verband ist am 1. Oktober 1978 zum Lufttransportgeschwader 62 umgegliedert worden. Der Ausbildungsauftrag blieb jedoch bestehen.
Zweites wichtiges Standbein am Ort wurde bereits ab Herbst 1958 die Logistik. Vom Luftwaffen-Versorgungsregiment 2 aus Diepholz sind hier Werften untergebracht worden. Die Werft 21 war mit der Instandsetzung an Propellerflugzeugen wie der Noratlas und Transall beauftragt. Die Werft 22 war für Geräte der Luftfahrtelektrik zuständig, Werft 27 für Luftfahrtelektronik. In der Werft 28 schließlich ist das FlaRak-System Nike betreut worden.

Aus Kostengründen sollte Anfang der 1970er Jahre der Flugplatz Wunstorf aufgelöst werden. Es kam aber auf Drängen der Briten und US-Amerikaner nicht dazu. Die Anlage sollte auf jeden Fall erhalten bleiben, um im Falle einer erneuten Blockade Berlins sofort wieder eine Luftbrücke aufnehmen zu können. Eigens dafür befand sich von 1957 bis 1973 eine kleine Einheit der US Air Force auf dem Platz. Diese betrieb Radar-Technik, die eine Anfliegbarkeit des Flugplatzes bei jeder Wetterlage ermöglichen sollte.

Eine Veranstaltung aus der Frühzeit des Bundeswehr-Fliegerhorstes sei noch erwähnt. Am 12. Oktober 1963 ist auf dem Flugfeld eine große Feldparade zur Verabschiedung von Bundeskanzler Adenauer durchgeführt worden. Rund 100.000 Gäste und Zuschauer waren anwesend. An der Parade nahmen 3.511 Soldaten mit 374 Kampffahrzeugen und 120 Flugzeugen aller Teilstreitkräfte teil.
In Erinnerung an die lange Tradition der Militärfliegerei in Wunstorf entstand vor dem Tor der heutigen Hauptwache die Ju 52-Halle. In ihr wird mit verschiedenen Exponaten, darunter eine aus einem See in Norwegen geborgene Ju 52, die Geschichte der Transportflieger dargestellt.
Nachdem die Bundeswehr in Neustadt-Luttmersen eine Kaserne für Panzertruppen errichtete, wurde der frühere Fliegerübungsplatz / Scheinflugplatz Metel in den Standortübungsplatz der Garnison umgewandelt.

 Zustand: 
Der Fliegerhorst verfügt über zahlreiche Gebäude aus den 1930er Jahren. Die historischen Flugzeughallen 1-6 sind weiterhin in der Nutzung. Die Mehrzahl der Blocks im Kasernenbereich stammt ebenfalls aus der Anfangsphase des Flugplatzes.

 Zugang: 
Der Fliegerhorst ist Militärischer Sicherheitsbereich und darf nicht betreten werden.

 Hinweis: 
Auch die Ju 52-Halle ist mit einer Seite im Internet vertreten:
https://www.ju52-halle.de
Auf den Seiten der OHG Wunstorf sind weitere Angaben zur Geschichte des Platzes zu finden:
http://www.ohg-wunstorf.de

Der Flugplatz Wunstorf wird detailliert in diesem zweiteiligen Werk vorgestellt:
Titel: Fliegerhorst Wunstorf, Teil 1 und Teil 2
Autor: Heiner Wittrock
Verlag: Stadt Wunstorf

Für alle Flugplätze gilt:
Über die Flughäfen der Luftwaffe ist ein Buch mit zahlreichen zeitgenössischen Standort-Skizzen erschienen:
Titel: Fliegerhorste
Autoren: Karl Ries und Wolfgang Dierich
Verlag: Motorbuch
ISBN: 3-613-01486-6
In diesem Buch ist vom Flugplatz Wunstorf eine Skizze enthalten!

Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Tower
Der 1959 auf dem ursprünglichen Kontrollturmgebäude aufgesetzte neue Tower

Lufttransportstaffel
In diesem Gebäude unmittelbar am Vorfeld ist heute die Lufttransportstaffel untergebracht

Garagenblock
Ein alter Garagenblock hinter der LT-Staffel

Warnanstrich
Dieses Betriebsgebäude steht am Südrand der Startbahn 2. Aus Sicherheitsgründen mit Warnanstrich.

Halle 1
An der Front von Halle 1 wurde ein Vorbau errichtet, damit die Transall mit ihrem hohen Leitwerk komplett in die Halle paßt.

Radarnase
Ein Detail an Halle 1, eine Radarnase der Transall.

Halle 2
Auch Halle 2 verfügt über einen Vorbau

Noratlas
Dieses ältere Bild zeigt eine Noratlas vor Halle 3

Halle 3
Die Halle 3 zeigt sich noch heute weitgehend im ursprünglichen Zustand

Flanke
Die Flanke von Halle 3

Originalform
An der Rückseite ist die gewölbte Originalform am besten zu erkennen

Halle 4
Auch Halle 4 hat noch das historische Aussehen

Halle 7
Für die Transall steht seit 1972 eine große Reparaturhalle zur Verfügung - Halle 7.

Holzhangars
Einer der historischen Holzhangars für Jagdflugzeuge aus dem II. Weltkrieg, südlich der Startbahn 1.

Splitterschutzzellen
Bei den Hallen blieben diverse Einmann-Splitterschutzzellen aus dem II. Weltkrieg stehen

Spitzbunker
Unmittelbar neben dem Tower steht dieser eigentümliche Spitzbunker

Eingang
Der Eingang des Spitzbunkers

Transall
Einige Transall auf der rund 23 ha umfassenden betonierten Abstellfläche


Historische Fotos:

1936
Das alte Haupttor des Fliegerhorstes Wunstorf im Jahre 1936

Halle 6
Im Hintergrund die Halle 6, die Flugwerft.

Schwimmbad
Wie in den meisten Fliegerhorsten des III. Reiches wurde auch in Wunstorf ein Schwimmbad eingerichtet

Verschiedene Flugzeugmuster auf dem Wunstorfer Flugfeld:

Bf 109
Messerschmitt Bf 109

He 111
Heinkel He 111

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen
- Karl Ries, Wolfgang Dierich: Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Luftwaffe
- Heiner Wittrock: Fliegerhorst Wunstorf, Teil 1 und Teil 2
- Bundeswehr Wunstorf: Lufttransportgeschwader 62, 1994, 2000 und 2005
- Archiv Traditionsgemeinschaft Boelcke
- Horst Möckel
- Michael Holm: http://www.ww2.dk
 
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